Grenzkontrollen mit Beigeschmack

Die Ukraine hat biometrische Grenzkontrollen für russische Staatsbürger eingeführt

  • Denis Trubetskoy, Kiew
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit dem 1. Januar 2018 müssen russische Staatsbürger, die in die Ukraine einreisen wollen, an der Grenze ihre biometrischen Daten abgeben. Damit hat das Land nun das realisiert, was Kiew bereits im Sommer angekündigt hatte. Dabei geht es in erster Linie um das Sammeln der Fingerabdrücke der Russen, die keinen biometrischen Reisepass besitzen.

Ursprünglich waren jedoch laut des ukrainischen Sicherheitsrates gleich drei Schritte geplant, die umgesetzt werden sollten: Elektronische Voranmeldung mindestens 30 Tage vor der Reise, Sammeln der biometrischen Daten, sowie Registrierung vor Ort in der Ukraine. Wann die beiden anderen Schritte nun umgesetzt werden sollen, bleibt unklar, was für innenpolitische Kritik sorgt, denn: Dass die Umsetzung aller Maßnahmen zeitlich nicht verwirklicht werden kann, war bereits von Anfang an klar.

»Die Frage der elektronischen Voranmeldung befindet sich immer noch in der Erarbeitung, mehr können wir dazu nicht sagen«, heißt es aus dem ukrainischen Außenministerium. Ein Termin bleibt also unklar, was allerdings nicht bedeutet, dass die Ukraine nun ihre Pläne umdreht. »Diese Maßnahmen werden definitiv umgesetzt«, betont Außenminister Pawlo Klimkin. »Wir müssen nur die ganze Prozedur klug und effektiv erarbeiten, dafür benötigt man manchmal mehr Zeit.« Für die Registrierung und Beobachtung der Reisen der Russen innerhalb der Ukraine soll zudem künftig das Innenministerium verantwortlich sein, aber auch hier steht ein Umsetzungstermin weit in den Sternen.

Die Erschwerung der Einreise für russische Staatsbürger sieht nach der Teil-Einführung noch mehr wie ein taktisches Spiel Kiews aus. Präsident Poroschenko und seine Regierung stehen innenpolitisch unter Druck, weil sie zwar einerseits vom Krieg Russlands gegen die Ukraine reden, andererseits aber auf harte Maßnahmen nicht eingehen. Führende Politiker der Volksfront, der Partei des Poroschenko-Konkurrenten und Innenministers Arsen Awakow, fordern jedoch längst die Einführung der Visapflicht - und gerade darauf reagiert man im dem Präsidenten nahestehenden Außenministerium.

Dass Moskau mit der Einführung biometrischer Kontrollen unzufrieden ist, überrascht nicht. »Es ist ein weiterer Schritt der ukrainischen Politik, der klar gegen Russland ausgerichtet ist. Für uns ist das inakzeptabel«, heißt es aus dem russischen Außenministerium. Eine harte Antwort bleibt jedoch bisher aus. Vermutlich, weil bisher nur biometrische Kontrollen umgesetzt wurden. Sollte die Ukraine jedoch auch die elektronische Voranmeldung einführen, sind die Befürchtungen groß, Russland würde das visafreie Regime mit der Ukraine selbst kippen.

An der ukrainisch-russischen Grenze läuft es seit dem 1. Januar allerdings relativ ruhig. Die von Kiew eingekauften Tablets sind in der Lage, innerhalb weniger Sekunden Fingerabdrücke zu sammeln, die Passkontrollen verlängerten sich also nicht wesentlich. Dass die meisten Russen jedoch nicht ganz glücklich damit sind, ist nicht weiter überraschend. Doch Kiew spricht zudem noch über gezielte Provokationen seitens Russlands, um die Unzufriedenheit über die Entscheidung der Ukraine deutlich zu machen.

»In der Ferienzeit haben die Russen die Einreise für viele ukrainische Autos ohne Angabe von Gründen verweigert«, betont die ukrainische Grenzbehörde. »Wir sehen das eindeutig als Zeichen, uns zu provozieren und die Unzufriedenheit mit der Einführung der biometrischen Kontrollen zu zeigen.« Ob die Anschuldigungen der Ukraine in diesem Fall stimmen, ist zweifelhaft. Klar ist jedoch: Umdrehen kann Kiew in dieser Situation nicht mehr. Und wenn die Ukraine alle geplanten Maßnahmen zur Erschwerung der Einreise für Russen einführt, wird mit großer Wahrscheinlichkeit eine harte Antwort aus Moskau kommen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal