Einfach paradiesisch!

Wer in Skarslia in Norwegen Ski fährt, hat die Piste fast für sich allein. Von Karsten-Thilo Raab

  • Karsten-Thilo Raab
  • Lesedauer: 4 Min.
Wie cool ist das denn? Da tummeln sich im ganzen Skigebiet im ostnorwegischen Skarslia im malerischen Hallingdal nur sechs Personen. Selbst am Nachmittag wirken die Pisten noch top präpariert. Am Lift gibt es keine Sekunde Wartezeit. Das einzige Geräusch, das auf der Piste zu vernehmen ist, ist das der eigenen Kufen. Vor und hinter einem ist niemand in Sicht. Dazu kommt noch eine grandiose Aussicht auf die Bergkuppen, die zugefrorenen, mit Schnee überzogenen Seen und die riesigen Birkenwälder. Zwischen denen ducken sich vielleicht 40 Holzhütten, die so großzügig verteilt sind, dass es den Anschein hat, als habe ein Troll die »Hytter«, wie die Norweger die charmanten Ferienhäuser nennen, wahllos in der Landschaft verteilt. Hinzu kommt die klare Bergluft. Einfach paradiesisch!

Fast wünscht man sich, lautlos über den Schnee gleiten zu können. Aber auch so verspricht das kleine Skigebiet Wintersportgenuss in Perfektion. Vorausgesetzt, man sehnt sich nicht nach kilometerlangen Abfahrten, nach Hüttengaudi und Après-Ski

»Drangvolle Enge herrscht hier eigentlich nie. Es ist äußerst selten, dass mehr als 60, 70 Ski- und Schlittenfahrer gleichzeitig unterwegs sind«, sagt Øyvind, der am Lift für Sicherheit sorgt. So ist Abfahrt für Abfahrt ein absoluter Genuss. Die einzigen Spuren im Schnee sind an diesem Tag die eigenen, und das bleibt auch an den nächsten Tagen so, als wieder nur eine Handvoll Skifahrer in Skarslia unterwegs ist. Und dies bei absolutem Kaiserwetter. Minus sechs Grad und strahlend blauer Himmel lassen die Schnee- und Eiskristalle in der Sonne funkeln.

An der letzten Kuppe der Talabfahrt fällt der Blick auf den menschenleeren Lift, der fast schon sehnsüchtig darauf zu warten scheint, endlich wieder jemanden nach oben befördern zu können. Øyvind hätte nichts dagegen, wenn der Andrang am Lift etwas größer wäre, denn er hat oft das Gefühl, dass sich der Tag wie ein Kaugummi in die Länge zieht, und dies, obwohl die Lifte wegen der kurzen Tageslichtdauer im hohen Norden Europas nur von 10 bis 15.30 Uhr laufen.

Skifahrende Kilometerfresser und Pistensammler meiden dieses Skigebiet, sie brauchen den Trubel, um sich wohlzufühlen. Um so besser für die Genussfahrer, die hier genau das finden, was sie suchen. Außer ihnen sind es vor allem Anfänger, Familien und weniger ambitionierte Skifahrer, die gern nach Skarslia kommen. Hier gibt es nur sieben Abfahrten mit Längen von maximal 1200 Metern. Hinzu kommen ein 400 Meter langer Übungshang für Anfänger sowie zwei Schlittenbahnen von 1300 und 1600 Metern, wobei Letztere als vermeintlich längste in ganz Norwegen gilt.

Wem Skarslia nach ein paar Tagen dann doch zu klein und zu übersichtlich ist, der kann schnell mal einen Abstecher ins 35 Kilometer entfernte Hemsedal machen, eines der führenden und größten Skigebiete Norwegens.

»Das sind bestimmt Dänen, die kennen keine Berge«, flachst Øyvind, als ein Pärchen während der Fahrt aus dem Schlepplift purzelt. Dabei muten die Berge in Skarslia, verglichen mit den Alpen, auch eher wie große Hügel an. Der höchste Punkt liegt auf 1073 Meter über dem Meeresspiegel. Die Bergkuppen hier sind hier nicht schroff, sondern von der letzten Eiszeit nahezu komplett abgerundet worden. Die Lage des Skigebietes hoch im Norden Europas, deutlich unterhalb der Baumgrenze, ermöglicht trotz der geringen Höhe ein schneesicheres Wintervergnügen. Auf den Einsatz von Schneekanonen kann ob der langen kalten Winter (fast) gänzlich verzichtet werden. Die Skisaison hier reicht zudem bis weit in den April.

Eine Hüttenkultur wie in den Alpen sucht man vergebens. Die meisten haben ein »Matpakke« im Rucksack. Das sind in der Regel belegte Brote. Diese werden an Tischen und Bänken, die an verschiedenen Stellen im Skigebiet stehen, gegessen. Nur unterhalb der Liftstation gibt es ein kleines Café. Alkoholische Getränke sind - wie in allen norwegischen Skigebieten - nicht im Ausschank. Die Auswahl an Speisen ist sehr überschaubar. Nicht fehlen dürfen aber frische Waffeln mit »Brunost«, dem typischen norwegischen Käse aus karamellisierter Milch, garniert mit Erdbeer- oder Himbeermarmelade und Sahne (Rømme). Dazu werden gerne frisch gepellte Apfelsinen oder Mandarinen genossen. So gestärkt geht es wieder zurück auf die Piste, wo die kleine Skiperle Skarslia großen Pistengenuss verspricht - und dies weit ab allen Rummels.

Infos

Allgemeine Informationen:
Visit Norway
Tel.: (040) 22 94 150
www.visitnorway.de

Lage: Skarslia liegt rund 250 Kilometer nordwestlich von Oslo. Von dort ist es mit dem Auto über die E16 bis Hønefoss, weiter über die E7 Richtung Gol und von dort Richtung Ål zu erreichen. Vom Ortseingang Ål der Beschilderung nach Skarslia folgen.

Skarslia Ski- und Akesenter: www.skarslia.no

Öffnungszeiten und Preise: Die Lifte sind täglich von 10 bis 15.30 Uhr in Betrieb. Die Liftkarte kostet für einen Tag 310 NOK (ca. 32 Euro), für Kinder 220 NOK (ca. 23 Euro); das Fünf-Tages-Ticket 760 NOK (ca. 79 Euro), ermäßigt 610 NOK (ca. 63 Euro); die Wochenkarte 920 NOK (ca. 95 Euro), ermäßigt 730 NOK (ca. 76 Euro). An der Talstation gibt es auch einen kleinen Skiverleih.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal