Sachsen fühlen sich weiter abgewertet

Umfrage: Zwei Drittel sehen die Ostdeutschen auch heute noch in der Rolle als Bürger zweiter Klasse

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Dresden. Zwei von drei Sachsen sehen die Menschen in Ostdeutschland einer Umfrage zufolge als Bürger zweiter Klasse. Unter den Wählern der AfD seien es sogar 84 Prozent, berichtet die in Dresden erscheinende »Sächsische Zeitung« (Montag) unter Berufung auf eine von ihr beauftragte repräsentative Befragung von 1.000 Sachsen durch das Leipziger Meinungsforschungsinstitut IM Field.

Demnach findet die Aussage »Die Ostdeutschen sind in Deutschland auch heute noch Bürger zweiter Klasse« unter den über 65-Jährigen mit mehr als 70 Prozent die meiste Zustimmung. Ähnlich hohe Werte ergab die Befragung der 18- bis 29-Jährigen. Mit gut 60 Prozent am wenigsten Zustimmung fand die Aussage demnach in der Altergruppe 30 bis 45.

Der Leipziger Soziologieprofessor Gerd Pickel, der die Umfrage wissenschaftlich begleitet hat, wies in der Zeitung darauf hin, dass diese und ähnliche Aussagen seit den 90er Jahren im Osten hohe Zustimmung erhielten. Bemerkenswert sei jedoch »die hohe Stabilität dieser Einstellungen«, schrieb Pickel. In Sachsen sei eine Verfestigung des Gefühls zu beobachten, abgehängt zu sein.

Bei vielen Sachsen bestehe weiter »der Eindruck eines Anerkennungsdefizits«, so Pickel weiter. Ein Viertel sehe Defizite bei der Anerkennung der eigenen Lebensleistung im Beruf. Dabei handele es sich weniger um ein persönliches, als um ein auf das Kollektiv der Ostdeutschen bezogenes Problem, betonte der Forscher.

Bis heute habe sich nicht das Gefühl eingestellt, dass »die Ostdeutschen nach der Widervereinigung auf Augenhöhe und unter einer ruhig kritischen, aber wohlwollenden Anerkennung ihrer Leistungen angenommen wurden«, so Pickel weiter. Die Einschätzung als Bürger zweiter Klasse resultiere daher aus »einer Mixtur von ungünstigen Erfahrungen im sozialen Umfeld, dem Eindruck der Entwertung früherer Identitätsmerkmale sowie dem Gefühl einer gewissen Zurücksetzung durch den Westen und viele seiner Bürger«. epd/nd

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