USA: Memo erregt weiter die Gemüter

  • Max Böhnel
  • Lesedauer: 3 Min.

»Das ist alles?« twitterte am Freitag Ex-FBI-Chef James Comey nach der Veröffentlichung des umstrittenen Geheimmemorandums, das die angebliche politische Voreingenommenheit der Strafverfolgungsbehörden gegen Donald Trump belegen sollte. Dieser hatte gegen den massiven Widerstand von Justizministerium und FBI die Veröffentlichung des Memos genehmigt. Beide hatten vor einer Veröffentlichung gewarnt und die Angaben als unvollständig bezeichnet.

Das Memo war von Republikanern im Geheimdienstausschuss des Abgeordnetenhauses verfasst worden. Doch es zeigt nicht, dass die Bundespolizei FBI und das Justizministerium unrechtmäßig Überwachungsmaterial nutzten, um mögliche Verbindungen zwischen Russland und Trumps Wahlkampfteam 2016 aufzudecken. Es sei »juristisch irrelevant« und lediglich »eine kurzlebige werbewirksame Inszenierung«, schrieb der ehemalige Bundesstaatsanwalt Renato Mariotti in der »New York Times«.

Eine langfristig verheerende Wirkung auf das demokratische System der USA sieht dagegen Robert Dreyfuss von der linksliberalen »Nation«. Die USA befänden sich angesichts der Dauerattacken von Trump und seiner Anhänger in rechten Medien und in der Politik kurz vor einer Verfassungskrise. Der Historiker Timothy Naftali, der sich auf US-Präsidenten spezialisiert hat, sagte auf CNN, die Welt sei Zeuge von etwas »völlig Neuem in der Geschichte dieses Landes, eines koordinierten Angriffs zweier Gewalten auf die Unabhängigkeit des FBI.« Die von der Verfassung festgelegte Gewaltenteilung sei nicht mehr gegeben, wenn der parlamentarische Ausschuss für Geheimdienste »Hand in Hand« mit dem Weißen Haus gegen das FBI und das ihm übergeordnete Justizministerium vorgehe. Naftali sagte, in den USA werde derzeit der Kampf darüber ausgetragen, ob »wir noch zu einer unabhängigen Untersuchung der Mächtigen in der Lage sind, wenn die Mächtigen darüber nicht glücklich sind«.

Der in Brooklyn lebende linke Autor und Aktivist Ethan Young sagte gegenüber »nd«, eine systemische Krise bestehe spätestens seit Trumps Amtseid auf die Verfassung vor einem Jahr, der er leistete »während er gleichzeitig gegen sie verstieß, durch seine diversen Geschäfte mit ausländischen Regierungen«. Denn entsprechend der Profitklausel in der US-Verfassung darf niemand ohne Zustimmung des Kongresses in einem öffentlichen Amt einer gewinnbringenden Tätigkeit nachgehen.

Der Radiojournalist Doug Henwood sagte auf nd-Anfrage, dass der »tiefe Staat« à la FBI durchaus existiere. Auch sei das Misstrauen der US-Geheimdienste gegenüber Trump nicht von der Hand zu weisen. Radikale Gegnerschaft zu Trump und »von allem, wofür er steht«, bedeute nicht zwangsläufig, dass etwa das FBI als demokratische Institution verteidigenswert sei. Trump würde eine Konfrontation mit dem FBI und auch mit der CIA letztendlich verlieren, »weil sie Cops sind«. Diese Institutionen verfügen laut Henwood über eine Machtfülle, gepaart mit ihrer Fähigkeit, schädigende Informationen an die Öffentlichkeit fließen zu lassen, gegen die letztendlich auch ein Trump nichts ausrichten werde.

Dem hält Ethan Young das Argument der politischen Raumerweiterung entgegen. Je mehr politischer Opposition sich Trump ausgesetzt sieht, desto mehr politischer Raum ergebe sich für Stimmen gegen die Republikaner und gegen Demokraten, die Trump-Appeasement betreiben, meint er.

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