Xi will dritte Amtszeit

Chinas kommunistische Partei lässt Verfassung ändern

  • Finn Mayer-Kuckuk, Peking
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist ein altbekanntes Kapitel beim Übergang zu einer autokratischen Staatsform: Der Machthaber schafft Grenzen ab, die ihm die Verfassung setzt. Diesen Schritt geht nun Chinas Präsident Xi Jinping. Seine Partei ist mit dem Vorschlag vorgeprescht, die Beschränkung auf zwei Amtszeiten für ihn aufzuheben. Das teilte die Kommunistische Partei Chinas am Sonntag mit. Übernächste Woche beginnt in China die Sitzungsperiode des Parlaments.

Die Parteioberen beeilten sich, den Schritt zu rechtfertigen. Um eine »konsistente Führung« sicherzustellen, insbesondere während schwieriger Übergänge bis zum Jahr 2035, sei die Verfassungsänderung im höchsten Interesse der Nation, ließ sich Su Wei von der Parteihochschule in der Provinz Chongqing zitieren. Nur unter starker Führung könne der »Sozialismus mit chinesischen Charakteristiken« Wirklichkeit werden.

Xi ist seit 2012 Parteichef und hat seitdem die Macht im Land auf seine Person fokussiert. Er hat das Amt des Premierministers auf eine Statistenrolle reduziert und politische Gegner, aber auch Korrupte Parteikader in mehreren Kampagnen ausschalten lassen. Damit untergräbt er ein System gegenseitiger Kontrolle, das der Reformer Deng Xiaoping Ende der 70er-Jahre geschaffen hat. Deng wollte damit die Wiederholung der schrecklichen Exzesse verhindern, die es unter Diktator Mao Zedong gab.

Deng schuf eine Tradition geordneter und berechenbarer Übergänge. Er war von den Erfahrungen der Zeit von 1949 bis 1976 motiviert: Mao ließ sich nicht absetzen und nach dessen Tod war die Nachfolge nicht geregelt, Chaos brach aus. Seit 1982 hat die Übergabe viermal gut geklappt. Die Präsidenten sind seitdem wie vorgesehen nach einer oder zwei Amtszeiten abgetreten.

Xi ist die nötige Zweidrittelmehrheit sicher. Er ist Generalsekretär der KP und hat alle Schlüsselpositionen mit Getreuen besetzt. Die Partei stellt die große Mehrheit der Delegierten im Parlament, de, Nationalen Volkskongress, das über Verfassungsänderungen zu entscheiden hat. Dort sitzen zwar noch einige wenige Vertreter von acht Blockparteien, doch die stimmen in der Regel im Sinne der Einheitslinie.

Der 64-jährige Xi befindet sich erst am Ende seiner ersten Amtszeit, er lässt sich also eher vorausschauend den Weg für eine längere Präsidentschaft ebnen. Er wird voraussichtlich auch als Parteichef im Amt bleiben. Dafür ist keine Änderung der Regeln nötig, die Parteistatuten sehen hier kein Limit vor. Auch das Amt des Oberbefehlshabers der Armee, das ihm derzeit die entscheidende Machtbasis gibt, kennt keine Zeitbegrenzung.

Xi will den Chinesen jedoch nicht nur als politischer Führer lange erhalten bleiben, er will sie auch noch mehr als bisher auf seine Weltsicht einschwören. Der zweite Vorschlag des höchste Parteigremiums lautete, das »Xi-Jinping-Denken« in die Verfassung des Landes einzubauen. Es wäre dann nicht nur Unterrichtsstoff und Hauptgegenstand der Propaganda, es hätte dann auch Gesetzesrang. Kommentar Seite 4

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