Verschärfung ohne Wirkung
Export-Bürgschaften für die Türkei trotz Krise deutlich gestiegen
Berlin. Trotz der Krise in den deutsch-türkischen Beziehungen hat die Bundesregierung 2017 deutlich mehr Exporte in die Türkei finanziell abgesichert als im Vorjahr. Der Umfang der sogenannten Hermes-Bürgschaften wuchs um knapp ein Drittel auf 1,458 Milliarden Euro. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des LINKE-Abgeordneten Alexander Neu hervor. Im Zuge einer härteren Gangart gegenüber der Türkei hatte die Bundesregierung im September die Bürgschaften bei 1,5 Milliarden Euro gedeckelt. Diese Obergrenze wurde fast erreicht. Sie war ohnehin schon so hoch angesetzt worden, dass sie deutlich über der Bürgschaftssumme von 1,102 Milliarden Euro aus dem Vorjahr lag. »Die Deckelung der Hermes-Bürgschaften war in Wirklichkeit keine Sanktion«, sagte Neu zu den Zahlen. »Die Bundesregierung denkt gar nicht daran, die Wirtschaftsbeziehungen zur Türkei zu beeinträchtigen.«
Hermes-Bürgschaften sollen deutsche Exportunternehmen vor Verlusten durch ausbleibende Zahlungen ihrer ausländischen Geschäftspartner schützen. Die Türkei zählt zu den Ländern, für die diese Absicherungen am stärksten in Anspruch genommen werden. 2016 wurden nur für Russland, Ägypten und die USA mehr Hermes-Bürgschaften erteilt.
Die Bundesregierung hatte ihre Türkei-Politik ab Mitte vergangenen Jahres vor allem wegen der Inhaftierung mehrerer deutscher Staatsbürger aus politischen Gründen verschärft. Die Deckelung der Hermes-Bürgschaften war eine von mehreren Maßnahmen neben der Verschärfung der Reisehinweise oder der Blockade neuer Verhandlungen über eine EU-Zollunion mit der Türkei.
Negative Auswirkungen auf die Wirtschaftsbeziehungen beider Länder ergaben sich durch den neuen Kurs aber nicht. Im Gegenteil: Nach einem Einbruch bei den deutschen Exporten in die Türkei von minus zehn Prozent im ersten Halbjahr kam es nach Angaben des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) im zweiten Halbjahr zu einer Erholung. Im vierten Quartal 2017 - also nach der Hermes-Deckelung - seien die Ausfuhren »unter dem Strich sogar schon wieder auf dem aufsteigenden Ast« gewesen, so DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier der dpa. Auch er meint: »Die Deckelung der Hermes-Bürgschaften war vor allen Dingen ein politisches Signal und weniger ein hartes Sanktionsinstrument.« Es sei aber zu längeren Bearbeitungszeiten der Anträge gekommen, die Exportgeschäfte verzögert hätten. dpa/nd
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