Aus »Vaterland« soll »Heimatland« werden

Gleichstellungsbeauftragte des Bundesfamilienministeriums will Text der Nationalhymne geschlechterneutral umformulieren

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März fordert die Gleichstellungsbeauftragte des Bundesfamilienministeriums Medienberichten zufolge eine Änderung des Texts der Nationalhymne. Aus »Vaterland« solle »Heimatland« werden, aus der Zeile »brüderlich mit Herz und Hand« solle »couragiert mit Herz und Hand« werden, zitierte die »Bild am Sonntag« aus einem Schreiben der Ministeriumsbeauftragten Kristin Rose-Möhring. Ihr Rundbrief ging demnach an alle Mitarbeiter des von SPD-Politikerin Katarina Barley geführten Ministeriums

Zur Begründung verwies die Frauenbeauftragte auch auf geschlechterneutrale Umformulierungen etwa in der österreichischen Hymne. Aus »Heimat bist du großer Söhne« wurde dort per Parlamentsbeschluss im Dezember 2011 »Heimat großer Töchter und Söhne«. Vor allem konservative und rechtspopulistische Politiker hatten die Änderung lange verhindert. Der Fraktionsvorsitzende der rechtspopulistischen FPÖ, Heinz-Christian Strache, kritisierte, auch bei der Nationalratswahl im vergangenen Jahr spielte das Thema wieder eine Rolle.

Rose-Möhring sieht sich in ihrem Vorhaben bestärkt, da auch Kanada erst kürzlich eine Änderung seiner Nationalhymne in geschlechtsneutrale Sprache beschlossen hat. In der englischen Version wurde die Zeile »true patriot love in all thy sons command« umgewandelt, sodass nun nicht mehr (nur) in den Söhnen des Landes Heimatliebe erweckt werden soll, sondern in allen Bürgern des Landes (»in all of us«). Diese Änderung wurde Ende Januar rechtskräftig, nachdem der kanadische Senat sie genehmigte.

Die Diplom-Übersetzerin Rose-Möhring ist seit 2001 Gleichstellungsbeauftragte und Vorsitzende des Interministeriellen Arbeitskreises der Gleichstellungsbeauftragten der obersten Bundesbehörden (IMA). Für ihre Forderung gibt es in Deutschland wenige Vorbilder. Die rechte Zeitung »Junge Freiheit« wagte noch im vergangenen Jahr den Aprilscherz, den Grünen zuzuschreiben, sie würden sich für eine Änderung des »Lied der Deutschen« einsetzen.

Seit Juli 2016 ist bereits klar, wie eine Änderung zustande kommen müsste. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages stellte fest, dass der Bundespräsident auf eine Gegenzeichnung der Bundeskanzlerin bzw. des Bundeskanzlers angewiesen wäre. Doch auch der Bundestag könnte die Nationalhymne durch ein formelles Gesetz oder einen einfachen Parlamentsbeschluss ändern.

Immerhin hat die deutsche Hymne ihr dunkelstes Kapitel Anfang der 90er für abgelegt erklärt – ihre ersten beiden Strophen. Der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker und Bundeskanzler Helmut Kohl stellten in einem Briefwechsel 1991 fest, dass nur die dritte Strophe die Nationalhymne sei. Allen voran die ersten Zeilen von Hoffmann von Fallersleben wurden von den Nationalsozialisten zu gern in den Mund genommen. Nach dem Untergang des Dritten Reiches wurde das öffentliche Singen der ersten Strophe in der US-amerikanischen Zone untersagt. 1952 bestimmten Bundespräsident Theodor Heuss und Bundeskanzler Konrad Adenauer, dass bei staatlichen Veranstaltungen nur die dritte Strophe des Deutschlandliedes gesungen wird. Verboten wurden Strophe eins und zwei jedoch nie. Agenturen/nd

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