SoVD und VdK: Für besonders langjährige Versicherte verfassungsrechtliche Bedenken

Abschlagsfreie Rente ab 63

  • Lesedauer: 2 Min.

Konkreter Anlass für die Verfassungsbeschwerden der beiden Sozialverbände sind zwei Urteile des Bundessozialgerichts (Az. B 5 R 8/16 R und Az. B 5 R 16/16 R), in denen das BSG meint, dass es nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße, dass für den Rentenanspruch Zeiten der Arbeitslosigkeit in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn nur ausnahmsweise bei Insolvenz oder Geschäftsaufgabe berücksichtigt werden. Sonstige unverschuldete Zeiten der Arbeitslosigkeit werden von Gesetzes wegen in den letzten zwei Jahren vor der Rente nicht berücksichtigt.

»Es ist völlig unverständlich, dass ein Arbeitsplatzverlust nur bei Insolvenz und Geschäftsaufgabe zur abschlagsfreien Rente führen kann. Wir sehen in dieser willkürlichen Ungleichbehandlung bei der Bewertung von Zeiten der Arbeitslosigkeit einen Verstoß gegen den allgemeinen, im Grundgesetz festgelegten Gleichheitsgrundsatz«, erklärte dazu Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland.

Rente ab 63 beliebt
Die abschlagsfreie Rente ab 63 erfreut sich wachsender Beliebtheit. Die Zahl der Neuanträge stieg von 241 000 in 2016 auf knapp 254 000 in 2017. Zum Start der neuen Rentenart 2014 lag die Zahl der Anträge bei 242 000. Im Jahr 2015 betrug sie 246 000.

Zwischen 2014 und 2016 sind 650 000 Personen abschlagsfrei in Rente gegangen. Die Männer lagen mit 400 000 Zugängen vor den Frauen (250 000).

Das durchschnittliche Zugangsalter aller Rentner stieg bis 2013 kontinuierlich an. Bei den Männern verringerte es sich in 2013 von 64,1 Jahren auf 63,9 in 2016, bei Frauen liegt es nach Schwankungen wieder wie 2013 bei 64,2 Jahren. AFP/nd

SoVD-Präsident Adolf Bauer äußerte: »Über sein eigentliches Ziel, Sozialmissbrauch vorzubeugen, ist der Gesetzgeber hinausgeschossen. Und das müssen nun die Arbeitnehmer ausbaden, die kurz vor der Rente unverschuldet in Arbeitslosigkeit geraten, soweit dies nicht speziell auf einer Insolvenz oder Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers beruht. Diese Betroffenen dürfen jedoch nicht länger mit denjenigen über einen Kamm geschoren werden, die eine Verabredung mit ihrem Arbeitgeber eingehen, um Arbeitslosengeld beanspruchen zu können. Deshalb sind die Verfassungsbeschwerden erforderlich.«

Kriterien für die Rentenform

Seit 1. Juli 2014 kann die Altersrente für besonders langjährige Versicherte bereits mit Vollendung des 63. Lebensjahres abschlagsfrei in Anspruch genommen werden. Sie müssen mindestens 45 Jahre Beitragszeiten aus Beschäftigung, selbstständiger Tätigkeit, Pflege und Zeiten der Kindererziehung bis zum 10. Lebensjahr des Kindes vorweisen.

Alle Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld zählen mit, allerdings nicht die letzten zwei Jahre vor Rentenbeginn. Hier gibt es lediglich zwei Ausnahmen: Entweder ist die Arbeitslosigkeit Folge einer Insolvenz des Arbeitgebers oder dieser hat sein Geschäft oder Unternehmen vollständig aufgegeben. Nur dann wird die Arbeitslosigkeit des Versicherten auf die Wartezeit angerechnet. dpa/nd

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