Ruhe, bitte!

Personalie

  • Christian Baron
  • Lesedauer: 2 Min.

Gegen die Großmannssucht in Berlin ist der berühmte Lokalpatriotismus im Rheinland der reinste Selbsthass. In allem will diese Stadt besser, härter, cooler sein. Sympathisch an dieser Selbstsicherheit ist freilich, dass sie nicht vor totalem Scheitern an allen Ecken und Enden schützt. Da brauchen noch nicht einmal die Reizbuchstaben B, E und R zu fallen. Sobald eine Schneeflocke vom Himmel herabschwebt, bricht der S-Bahn-Betrieb zusammen. Kaum wird im Nachtleben ein Underground-Hotspot ausgemacht, da hat sich der Ort auch schon zur Mainstreamkaschemme entwickelt, weil der marode Flughafen Tegel aus ganz Europa besoffene, aber suchmaschinenkundige Partytouristen herbeischafft. Berlin hat ein größeres Wirtschaftswachstum als die meisten anderen Bundesländer, schiebt allerdings zugleich mehr als 60 Milliarden Euro an Schulden vor sich her - das sieht die Schwarze-Null-Republik gar nicht gern.

Ein langfristiges Projekt, das in Berlin jetzt aus der Reihe zu tanzen droht, ist das Humboldt-Forum. Das Museumszentrum im rekonstruierten Berliner Schloss soll ab dem kommenden Jahr das kulturelle Aushängeschild Deutschlands in der Welt sein. Derzeit deutet alles darauf hin, dass dieser Termin tatsächlich zu halten ist. Die Gründungsintendanten Neil MacGregor, Hermann Parzinger und Horst Bredekamp haben das Vorhaben gegen jede Kritik verteidigt, der Ton aber blieb scharf.

Das soll Hartmut Dorgerloh bald ändern. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hat angekündigt, dass der langjährige Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg im Jahr 2019 das Intendantenamt im Humboldt-Forum übernehmen wird. Der 55-Jährige, der als Sohn eines evangelischen Theologen in der DDR aufwuchs, versteht es laut Grütters, »anspruchsvolle Inhalte einem breiten Publikum zu vermitteln«. Der Deutsche Kulturrat hofft, dass Dorgerloh »Ruhe in die Debatte« bringt. Er sei ein »Kommunikator« und verfüge damit über Kompetenzen, die »bisher gefehlt haben«. Ob Berlin sie auch will, steht auf einem anderen Blatt.

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