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Bundesregierung gibt Marschbefehl

Das Parlament hat zahlreiche Auslandseinsätze der Bundeswehr verlängert

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Der Bundestag hat der Ausweitung von zwei der größten Bundeswehreinsätze zugestimmt. Die Abgeordneten beschlossen am Donnerstagabend mit den Stimmen der Großen Koalition eine Truppenaufstockung in Afghanistan und eine Ausweitung der Ausbildungsmission im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Irak. Union und SPD betonten die »bleibende Verantwortung« Deutschlands für die Krisenregionen. Die Opposition kritisierte das Fehlen einer klaren Strategie.

Im Oktober vergangenen Jahres war der Einsatz in Nordirak nach Darstellung des Parlamentarischen Geschäftsführers Carsten Schneider in der SPD-Fraktion »kritisch diskutiert« worden. Die Zustimmung zur Verlängerung des Mandats hatten sich die Sozialdemokraten offen gehalten. Nicht wenige Abgeordnete der SPD sahen bei der Mission Risiken und Unwägbarkeiten. Doch letztlich überwog offenbar die Treue zum Koalitionspartner.

Der Ausbildungseinsatz in Irak wird nun auf das ganze Land ausgeweitet. Bislang unterstützte die Bundeswehr vor allem die kurdischen Peschmerga im Nordirak, nun will man auch die irakische Zentralregierung in Bagdad beraten und Soldaten ausbilden. Die Aufklärungsflüge deutscher »Tornados« von Jordanien im Kampf gegen den IS werden fortgesetzt. Für den künftigen deutschen Beitrag im Kampf gegen den IS wurde ein neues Mandat geschaffen. 359 Abgeordnete stimmten dafür, 218 dagegen, 79 enthielten sich. Die neue Mandatsobergrenze liegt bei 800 Soldaten, die künftige genaue Truppenstärke ist aber noch unklar.

Kritiker befürchten, die Bundeswehr könnte im Konflikt zwischen Kurden und irakischer Zentralregierung zwischen die Fronten geraten. Auch die für Mai angesetzte Parlamentswahl in Irak wird als Unsicherheitsfaktor betrachtet. Linksfraktion, Grüne und AfD votierten gegen das Anti-IS-Mandat, die FDP enthielt sich.

Die Ziele hinter dem neuen Mandat seien reichlich unklar, sagte der Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner. Zudem besitze die Mission keine tragfähige völkerrechtliche Grundlage. »Sie agieren wieder in einer Koalition der Willigen«, warf Lindner Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) vor. Der LINKE-Verteidigungspolitiker Alexander Neu sagte: »Wenn es an einer Sache in der Region nicht fehlt, dann sind es Waffen und Bewaffnete.« Der Antrag der Bundesregierung sei eine Zumutung für den Bundestag und ein »Blankoscheck«, den man so nicht unterscheiben könne.

Der Erfolg sei nicht sicher, der Einsatz schwierig, räumte der Unions-Außenpolitiker Johann David Wadephul ein. Aber die Hilfe für die Kurden sei eine Erfolgsgeschichte gewesen. »Sich in der geschundenen Region einzusetzen, ist jeden Einsatz wert.«

Künftig werden auch wieder mehr deutsche Soldaten nach Afghanistan geschickt. Der Bundestag beschloss wegen der desolaten Sicherheitslage am Hindukusch eine Truppenaufstockung von bislang höchstens 980 Soldaten auf bis zu 1300. 447 Abgeordnete stimmten dafür, 180 dagegen, 16 enthielten sich. Der verlustreichste Einsatz in der Geschichte der Bundeswehr läuft seit mehr als 16 Jahren. Beim Einsatz sind nach Angaben der Bundeswehr bisher 57 deutsche Soldaten zu Tode gekommen. Eigentlich wollte die Bundeswehr längst abziehen. Aber die afghanischen Sicherheitskräfte sind nicht in der Lage, selbst für Sicherheit zu sorgen. In Afghanistan herrschen weiter Terror und Gewalt. Die Bundeswehr begründet die Aufstockung mit dem Mangel an Schutzkräften für die deutschen Ausbilder und Berater.

Die Abgeordneten stimmten zudem am Donnerstagabend mehrheitlich für die deutschen Beteiligungen an den UN-Missionen in Südsudan und in Sudan sowie für den deutschen Beitrag an der NATO-Operation »Sea Guardian«. In Sudan und Südsudan soll sich die Truppe weiterhin mit jeweils bis zu 50 Soldaten beteiligen. »Sea Guardian« soll »die Seewege im Mittelmeer sichern« - dafür sind weiterhin bis zu 650 Soldaten vorgesehen. Dabei soll vor allem der Waffenschmuggel unterbunden werden. Der Einsatz richtet sich aber auch gegen Schleuser.

In einer der nächsten Sitzungen entscheidet der Bundestag auch über die Mission in Mali. Der UN-Einsatz in dem westafrikanischen Land gilt als derzeit gefährlichster der Bundeswehr. Statt bisher höchstens 1000 sollen sich nun bis zu 1100 Soldaten an der Stabilisierung des Landes beteiligen. Das Mandat, das voraussichtlich im April verabschiedet wird, soll bis zum 31. Mai 2019 gelten. Agenturen/nd

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