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Abschiebeflug in Kabul angekommen
Kritik an »Rückführungen« von Schutzsuchenden nach Afghanistan / Pro Asyl: Das Verhalten der Bundesregierung ist »vollkommen absurd«
Kabul. Trotz der Eskalation der Gewalt in Afghanistan hat Deutschland eine weitere Gruppe von abgelehnten Asylbewerbern in das umkämpfte Land am Hindukusch abgeschoben. Ein aus Leipzig-Halle kommendes Flugzeug sei am Dienstagmorgen gegen 8.00 Uhr (Ortszeit) in Kabul eingetroffen, bestätigte ein Vertreter einer mit den Abschiebungen befassten Organisation am Flughafen. Wie viele Passagiere an Bord waren, wurde nicht unmittelbar klar. Es war die elfte Sammelabschiebung seit Dezember 2016. Mit den vorherigen Flügen hatte Deutschland bereits 188 Männer nach Afghanistan abgeschoben.
Nach einem schweren Bombenanschlag vor der deutschen Botschaft in Kabul im Mai 2017 hatte die Bundesregierung Abschiebungen beschränkt auf Straftäter, Gefährder - also Menschen, denen die Behörden terroristische Taten zutrauen - sowie Menschen, die sich »hartnäckig einer Identitätsfeststellung verweigern«. Die sogenannten Rückführungen bleiben umstritten, weil sich der Konflikt mit den radikalislamischen Taliban und der Terrormiliz Islamischer Staat am Hindukusch drastisch verschärft. Allein in Kabul hat es seit Anfang Januar sechs schwere Anschläge mit rund 190 Toten und mehreren Hundert Verletzten gegeben.
Auf ein Friedensangebot von Präsident Aschraf Ghani aus dem Februar haben die Taliban offiziell nicht reagiert, inoffiziell aber kritisiert, dass wichtige Punkte fehlten. In der usbekischen Hauptstadt Taschkent findet am Dienstag eine weitere Afghanistankonferenz statt, bei der Delegierte aus mehr als einem Dutzend Ländern mögliche Schritte Richtung Frieden diskutieren.
Pro Asyl kritisiert die Abschiebungen. Das Verhalten der Bundesregierung sei »vollkommen absurd«. Die Organisation forderte den sofortigen Stopp von Abschiebungen nach Afghanistan. Das Auswärtige Amt müsse zudem endlich den seit Monaten überfälligen Bericht über die Lage in dem Land vorlegen. »Es ist skandalös, dass unter der Fiktion, es gebe sichere Gebiete, Menschen abgeschoben und zuvor im Bundesamt auf Basis einer veralteten Lageeinschätzung abgelehnt werden«, kritisierte Günter Burkhardt, Geschäftsführer von Pro Asyl. »Die Menschen, die heute abgeschoben werden, werden in Lebensgefahr gebracht«, erklärten auch die Flüchtlingsräte von Sachsen und Sachsen-Anhalt in einer gemeinsamen Mitteilung. Agenturen/nd
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