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Peinliche Vorstellung

Die US-Basketballliga NBA will den Anreiz fürs Verlieren mindern

  • Florian Brand
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Turbo-Kapitalismus der nordamerikanischen Basketballliga NBA sorgt seit jeher ein geradezu sozialistisch anmutendes Konzept dafür, dass schlechtes Abschneiden belohnt wird. Das führt in diesem Jahr kurz vor Saisonende zu einem grotesken Schneckenrennen um den letzten Platz, denn: Die Mannschaft mit der schlechtesten Bilanz der Liga darf das begehrteste Talente verpflichten.

Kurz vor Ende der Hauptrunde liegt fast ein Drittel der NBA-Teams bei einer Siegquote von unter 35 Prozent, erstmals in der Liga-Geschichte könnten damit in einer kompletten Saison neun Teams weniger als 29 Siege holen. Die Phoenix Suns verloren diese Spielzeit bereits 15-mal nacheinander, die Memphis Grizzlies beendeten ihre Niederlagenserie erst nach 19 Partien, die Atlanta Hawks um den verletzten Dennis Schröder sind fernab der Playoffs. Und auch Dirk Nowitzki und seine Dallas Mavericks sind diese Saison so schlecht wie noch nie in der 20-jährigen Ära des Würzburgers.

Zuletzt kassierten die Mavericks ohne den Basketball-Superstar mit 100:105 eine Auswärtsniederlage gegen die Orlando Magic. Nowitzki verpasste aufgrund einer Knöchelverletzung das Spiel in Florida. Ob er in den letzten drei Partien der regulären Saison nochmals zum Einsatz kommen wird, ist derzeit fraglich. Die Mavs belegen mit 24 Siegen und 55 Niederlagen weiter den drittletzten Platz in der Western Conference.

Beim »NBA Draft« in der spielfreien Zeit im Sommer verpflichten die Teams insgesamt 60 Nachwuchstalente. Wer jedoch den ersten »Pick« und damit den vielversprechendsten Spieler für die anstehende Saison auswählen darf, wird via Lotterie entschieden. Um mehr Chancengleichheit zugewährleisten, wird die Wahrscheinlichkeit, das goldene Los zu ziehen, für die schlechteren Teams der Vorsaison erhöht.

Mit deutlichen Worten wendet sich der 39-Jährige jedoch gegen den Eindruck, sein Team gebe nicht alles für den Sieg. »Wir wollen hier keine Kultur, die daraus besteht, aufzugeben und nicht hart zu spielen. Das setzt den falschen Ton für die Zukunft«, betonte der Teamkollege von Maximilian Kleber. Nowitzki sagte im Fachmagazin »Five«: »Du riskierst viele Sachen, wenn du nicht alles gibst und es ist auch ein bisschen peinlich für die Organisation, wenn da fünf Leute nur so halbherzig rumrennen.«

Seit Längerem ist die Liga aufgrund des Verdachts absichtlicher Niederlagen - dem sogenannten Tanking - alarmiert. Es gibt empfindliche Geldstrafen und schon bald eine Regeländerung. Mavs-Besitzer Mark Cuban wurde im Februar aufgrund eines Kommentars zu einer Geldstrafe von 600 000 US-Dollar (487 000 Euro) verdonnert. Er soll vor Spielern gesagt haben, dass »Verlieren unsere beste Option ist. (NBA-Commissioner) Adam (Silver) würde hassen, dass zu hören, aber wir wollen, dass die Spieler das verstehen.«

Anschließend sah sich NBA-Boss Silver genötigt, ein Memo an alle Teams zu verschicken, dass die Strategie des so genannten Tankings »keinen Platz in unserem Spiel hat. (...) Wir müssen alles in unserer Macht stehende tun, um die tatsächliche und empfundene Integrität des Spiels zu schützen.« Zudem warnte die Liga bereits die Chicago Bulls von Nationalspieler Paul Zipser, doch bitte das bestmögliche Team aufs Parkett zu schicken und nicht gesunde Veteranen zu schonen.

Um den Anreiz des Verlierens zu mindern, hat die Liga beschlossen, ab kommender Saison die prozentuale Chance auf den besten Nachwuchsstar für das schlechteste Team deutlich zu senken. »Mal schauen, ob das was bringt«, sagte Nowitzki. »Ich hoffe es.«

Doch ob das Tanking damit endgültig verbannt wird, bezweifeln auch Experten. Die Philadelphia 76ers hatten diese Strategie zuletzt zur Kunstform erhoben: Über vier Jahre lang war das Team abgrundtief schlecht, gewann 2015/16 nur zehn von 82 Spielen. Dabei sammelten die 76ers jedoch jede Menge junger Top-Talente über die Drafts - und liegen diese Saison nun unter den besten vier Mannschaften in der Eastern Conference.

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