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Ende einer Opposition

Zeitung stellt Betrieb ein

  • Lesedauer: 2 Min.

Die oppositionelle ungarische Traditionszeitung »Magyar Nemzet« stellt ihren Betrieb ein. Das Blatt erschien gestern letztmalig. Als Begründung gab das Medienunternehmen Finanzierungsprobleme an.

»Magyar Nemzet« gehört dem Oligarchen Lajos Simicska, der früher ein enger Vertrauter Viktor Orbans war. Nach dem Zerwürfnis mit seinem ehemaligen Schulfreund im Jahr 2015 ließ Simicska seine Medien, darunter die »Magyar Nemzet«, auf einen regierungskritischen Kurs einschwenken. Im Wahlkampf vor der Parlamentswahl am Sonntag berichtete die Zeitung über massive mutmaßliche Korruptionsfälle im Umfeld Orbans.

Die Fidesz-Partei des Regierungschefs hatte die jüngste Parlamentswahl deutlicher als erwartet gewonnen. In der neuen Volksvertretung wird sie über eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit verfügen. Auf einer Pressekonferenz in Budapest wollte sich Orban am Dienstag nicht näher zur Einstellung der Zeitung äußern. »Bekanntlich beschäftigen wir uns nicht mit geschäftlichen Dingen. Die Eigentümer entscheiden das, wie sie wollen«, sagte er.

»Magyar Nemzet« - der Name lässt sich mit »Ungarische Nation« übersetzen - erschien ununterbrochen seit 1938. Damals galt die Zeitung als Flaggschiff des bürgerlichen Journalismus. Unter die Kontrolle Simicskas geriet sie im Jahr 2000, als Orban erstmals Ministerpräsident war.

Simicska war nach der demokratischen Wende 1989 in den Besitz von Plakatwerbeunternehmen gekommen. Mit den Gewinnen finanzierte er in den 1990ern die Fidesz-Partei. Er baute ein Unternehmensimperium auf, zu dem auch große Baufirmen gehörten. Vor allem unter der zweiten Orban-Regierung von 2010 bis 2014 lebten diese gut von öffentlichen Aufträgen. Dies machte es Simicska möglich, die Verluste einiger seiner Medienunternehmen - damals als Sprachrohr der Orban-Regierung tätig - abzudecken.

Nach dem Bruch mit dem Regierungschef verloren Simicskas Unternehmen allerdings so gut wie alle öffentlichen Aufträge. Wie weiter bekannt wurde, schließt der Oligarch nun auch den Radiosender Lanchid. Von der Einstellung bedroht ist zudem die Wochenzeitung »Heti Valasz«. Der Nachrichtensender Hir TV bleibe hingegen bestehen. Die Redaktion müsse aber kräftige Einsparungen hinnehmen. dpa/nd

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