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Das Ende der Golf-Politik

Florida: Japans Premier Abe zu Gesprächen bei Trump

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

Donald Trump war kaum drei Monate gewählt, da hatte sich Japans Ministerpräsident Shinzo Abe schon zwei Mal mit dem neuen US-Präsidenten getroffen. Wie ein alter Freund wurde er als »großartiger Alliierter« auch auf dem Privatsitz des Milliardärs in Florida empfangen. Doch sein zweiter Besuch dort ist jetzt schwieriger. Daheim gilt der Rechtskonservative inzwischen als Regierungschef auf Abruf, und die politischen Flitterwochen mit Trump scheinen auch vorbei. Zuletzt hat dieser etwa Tokios Politik des schwachen Yens scharf kritisiert. Das Land wurde im Unterschied zur EU und Staaten wie Kanada, Mexiko oder Südkorea auch nicht von den Strafzöllen für Stahl- und Aluminiumimporte ausgeschlossen. Und obwohl ein Nachbar Nordkoreas, wurde Japan von der US-Ankündigung direkter Gespräche mit Kim Jong Un offensichtlich überrascht. Mancher sieht sogar den Verzicht der beiden Hobby-Golfer auf das obligatorische Spiel in Mar-a-Lago als Beleg für die Abkühlung der bilateralen Beziehungen. Von »Golf-Diplomatie« war die Rede, als Abe dem Verbündeten im Vorjahr einen goldenen Schläger schenkte. Heute fragen japanische Medien, ob der Regierungschef nicht allzu devot agiert und sich das politisch eigentlich gelohnt habe.

Nun versucht Abe, Trump mit der Ankündigung japanischer Direktinvestitionen zu besänftigen. Tokio kann sich auch vorstellen, den Vermittler zu spielen, wenn die USA doch wieder zum Freihandelsabkommen TPP zurückfinden. Trump war in einer seiner ersten Amtshandlungen aus dem von seinem Vorgänger Barack Obama ausgehandelten Pakt ausgestiegen, könnte sich nun aber unter bestimmten Bedingungen eine Rückkehr vorstellen. Japan zeigt sich bislang allerdings entschlossen, das Abkommen in seiner jetzigen Fassung umzusetzen.

In Sachen Nordkorea bemüht sich Tokio mittlerweile um eigene diplomatische Initiativen - über den Umweg Seoul. Zugleich drängt Tokio darauf, dass sich ein Abkommen zwischen Washington und Pjöngjang beim geplanten Gipfel Ende Mai nicht allein auf Interkontinentalraketen fokussiert. Für Abe ist vor allem das Gespenst nordkoreanischer Mittel- und Kurzstreckenraketen von Bedeutung, die Japan und nicht die USA bedrohten. Ein weiteres Thema werden jene 17 Japaner sein, die in den 1970er und 1980er von Nordkorea entführt wurden. Trump soll Kim dazu befragen.

Ob diese außenpolitischen Bemühungen dem Ministerpräsidenten jedoch innenpolitisch helfen, bleibt abzuwarten. Offen wird schon über den Rücktritt des 63-Jährigen spekuliert. Junichiro Koizumi, einer seiner Vorgänger als Regierungs- und Parteichef, geht davon aus, dass Abe im Juni seinen Hut nimmt. Hintergrund ist Vetternwirtschaft, die offensichtlich viel Vertrauen kostet.

So habe ein reicher Unterstützer staatliche Grundstücke sehr deutlich unter Marktpreis erwerben können. Der Vergleich originaler und bearbeiteter Versionen der Unterlagen zeigt, dass die Namen von Abes Ehefrau Akie und von Finanzminister Taro Aso wohl nachträglich entfernt worden sind. Laut eine Umfrage für die Zeitung »Ashahi« glauben zwei Drittel der Japaner Abes Unschuldsbeteuerungen nicht. Am Wochenende forderten Zehntausende in Tokio seinen Rücktritt. Die Zustimmungsrate ist mit 27 Prozent schlecht wie nie seit Amtsantritt 2012 und längst eine Belastung für die regierende LDP, wird im Oktober doch ein neues Parlament gewählt. Ohne Abe aber stünde die Geldpolitik der Bank of Japan ebenfalls zur Disposition - mit Auswirkungen auch für die US-Finanzmärkte.

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