Multilateralismus nach Gutdünken

Kurt Stenger über die Rolle der WTO im Zeitalter des neuen Protektionismus

Die WTO, was war das noch mal gleich? Die Zeiten, in denen die Welthandelsorganisation für die einen der Hort eines geregelten Freihandels war und für die anderen das Schreckgespenst einer Globalisierung im Interesse der Ersten Welt symbolisierte, sind lange vorbei. Die UN-Organisation fristet ein Schattendasein - selbstverschuldet, denn Entwicklungsländer haben hier genauso wenig zu sagen wie die Befürworter von Umwelt- und Sozialstandards im Welthandel. Stattdessen dominiert das Recht des Stärkeren: mittels bilateraler Freihandelsverträge und protektionistischer Hauruckmaßnahmen.

Wenn sich die EU im Streit um die neuen US-Stahlzölle jetzt plötzlich der WTO entsinnt, ist dies ein durchsichtiges Manöver. Die Europäer waren in den vergangenen Jahren ja besonders fleißig, wenn es darum ging, unter Umgehung dieser Organisation Abkommen abzuschließen. Jetzt sucht man sich beim Vorgehen gegen die USA die Rückendeckung internationaler Regelwerke. Selbst Donald Trump kommt nicht umhin, seine nationalistische Zollpolitik mit einem Passus aus dem GATT-Abkommen zu begründen, das die Grundlage der WTO-Arbeit darstellt. Doch genau das ist der Tod des Multilateralismus: wenn Staaten nur dann auf globale Regeln zurückgreifen, wenn es ihnen gerade mal in den Kram passt.

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