- Kommentare
- Wirtschaftsfaktor Sport
Olympia-Bewerbung: Teure Spiele
Die Ökonomen-Kritik an deutschen Olympiaplänen ist mehr als berechtigt
Berlin, Hamburg, München und die Region Rhein-Ruhr – alle wollen Olympia. Die Kommunen und Stadtstaaten haben beim Deutschen Olympischen Sportbund Interesse daran bekundet, die Olympischen und Paralympischen Spiele auszurichten. In den Konzepten der Senate und Stadträte wird mit positiven Effekten auf die Wirtschaft in Stadt und Land geworben.
Doch ist das Argument stimmig? Zugegeben, Barcelona 1992 hatte einen erheblichen Imagegewinn – und stöhnt nun über Touristenströme. Paris 2024 war ein olympischer Traum, zumindest für Millionen Fernsehzuschauer. Doch schaut man sich die wirtschaftliche Entwicklung Frankreichs ein Jahr später an, ist Ernüchterung eingekehrt. Und auch in Tokio, wo die Spiele coronaverspätet 2021 stattfanden, zeigt das Bruttoinlandsprodukt heute keinen nennenswerten Ausschlag nach oben.
Kein Wunder, dass Ökonomen auch in einer Olympiade irgendwo in Deutschland kaum wirtschaftliches Potenzial sehen. Bei ihnen überwiegt vor allem eines: Skepsis. »Die gesamtwirtschaftlichen Effekte sind meist begrenzt und oft überschätzt«, heißt es etwas trocken auch beim eher linken Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin.
Skepsis ist auch mehr als angebracht, ob die jetzt verbreiteten, überaus optimistischen Kostenschätzungen eingehalten werden könnten. Ohnehin sind die Folgen Olympias selten nachhaltig. Typischerweise zieht die Wirtschaft nur vor den Spielen und währenddessen an. Die Errichtung von Schwimmarenen, U-Bahn-Stationen und temporären Unterkünften für Athleten freut die Bauindustrie, Hotels freuen sich über steigende Zimmerpreise und die Stadtpolitiker über zusätzliche Steuereinnahmen.
Letztere könnten auch deshalb im Fall der Fälle die Korken knallen lassen, weil die hohen Kosten der teuren Milliardenspiele weitgehend vom Zentralstaat getragen werden – und von der Bevölkerung vor Ort. Abrisse, Baustellen und Sicherheitsvorkehrungen belasten über viele Jahre den Alltag der Normalsterblichen in den Olympiastädten. In Hamburg und München waren deshalb frühere Bewerbungsversuche bald im Sande von Elbe und Isar verlaufen: Die Bevölkerung hatte sich in Referenden gegen eine Olympiabewerbung ausgesprochen. Aus guten Gründen.
Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.
Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen
Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.