Vorbild Max Uhlig

Sachsen will ein Konzept für den Umgang mit Künstlernachlässen erarbeiten

  • Simona Block, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.

Max Uhlig hat es vorgemacht. Der Maler und Grafiker, einer der international renommiertesten deutschen Gegenwartskünstler, überlässt schon zu Lebzeiten sein Lebenswerk dem Freistaat Sachsen. Nach Vertragsabschluss über die Schenkung sprach Kunstministerin Eva-Maria Stange (SPD) von einem «herausragenden Beispiel» für die vorausschauende Bewahrung eines künstlerischen Oeuvres. Gemäß Koalitionsvertrag von CDU und SPD sucht ihr Haus nach einem Konzept, Vor- und Nachlässe sächsischer Künstler zu sichern. Ihrer Bewahrung soll mehr Aufmerksamkeit zukommen.

Es geht dabei um Konvolute von Künstlern, die zum Beispiel bei den Erben schon vorhanden sind. Die Konvolute sollen aufgearbeitet und gesichert der Forschung und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, erklärt Stange. Sie könnten bei den Erben bleiben oder an vor allem gemeinnützige Träger wie Museen gegeben werden. Kriterien, welche Nachlässe oder Werke aus Nachlässen das betrifft, werden mit Hilfe von Fachleuten noch entwickelt. «Auf jeden Fall sollen die Nachlässe repräsentativ für die sächsische Kunst und von hoher Qualität sein.» Stange geht von einer einstelligen Zahl pro Jahr aus.

«Hier liegen bundesweit noch wenige Erfahrungen vor», erklärt die Ministerin. In einem mehrjährigen Pilotprojekt soll nun festgestellt werden, was machbar ist - im Dialog mit Experten und Betroffenen. Weitere konkrete Verabredungen wie im Fall Uhlig gibt es bisher nicht. Die Schenkung des Künstlers und seiner Frau beinhaltet das Atelier- und Wohnhaus, das künftig von der Kulturstiftung des Freistaates mitgenutzt wird, sowie den künstlerischen Vorlass von 15 214 Werken aller Gattungen und Druckstöcke von den späten 1950er Jahren bis in die Gegenwart. «Es ist mir wichtig, dass hier Zukunft stattfindet und weiter gearbeitet wird», begründete der 80-Jährige die Entscheidung. «Das entlastet auch mein Gewissen.»

Uhlig will, dass das nach ihm benannte Haus ein Ort des Schaffens bleibt, auch für Jüngere und nachfolgende Künstlergenerationen. Kunstministerin Stange nannte die Mitwirkung des Künstlers an der Bewahrung seines Werkes beispielgebend. Für Kollegen, die kein eigenes Domizil haben, hofft sie auf regionale Vereine, Stiftungen oder nichtstaatliche Museen als Partner.

«Für ein solches Programm, wie wir es vorhaben, gibt es keine Vorbilder», erklärte Stange. Das in ihrem Haus zu erarbeitende Konzept sieht eine bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) angesiedelte Einrichtung zur Beratung und Förderung vor. Künstler, Erben, Vereine und Museen sollen bei der Bearbeitung und Erfassung, beim Aufbau von Werkdatenbanken, bei der Vermittlung von Nachlässen an Museen sowie der Schaffung von Nachlassdepots und der Teilvermarktung zur Refinanzierung unterstützen.

Dabei werden Kapazitäten, Erfahrungen und Expertisen der Museen einbezogen. In welchem Umfang, ist laut Ministerin Stange schwer zu beziffern. Voraussetzung für solche Übernahmen von Künstlernachlässen aber wäre «eine angemessene Ausstattung der staatlichen und nichtstaatlichen Museen mit Finanzen, geeigneten Räumen samt Einrichtung sowie Personal auch für Ankäufe und Bearbeitung». Ein zentrales Depot in Trägerschaft des Freistaates Sachsen wird es aber wohl nicht geben, vielmehr regionale Einrichtungen dieser Art.

Nach Angaben des Landesverbandes Bildende Kunst Sachsen besteht auch unter den Kunstschaffenden Interesse. Es gebe Künstler, die einen Teil ihres Vor- oder Nachlasses an ein mögliches Depot vorstellen könnten - als Schenkung oder Stiftung. Und der Verband baut bereits die von mehreren Künstlern gewünschte und im Konzept geplante Werkdatenbank sächsischer Kunstschaffender auf, als Arbeitsmedium der Künstler und virtuelles Nachlassdepot.

«Die Rolle von Künstlernachlässen für das gesellschaftliche Gedächtnis ist auch bundesweit und international ein Thema», erklärte ein Sprecher des Kunstministeriums. «Der Verbleib von Kunst und die Entscheidung, welche Werke bewahrt bleiben sollen, sei nicht allein die privat-vorsorgende Aufgabe von Künstlern und ihren Erben. »Ein gesellschaftliches und öffentliches Interesse daran entspricht dem Selbstverständnis der Kulturnation Deutschland und des Kulturlandes Sachsen.« dpa/nd

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