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Staatsgewalt
Uwe Kalbe zur Rechtsverschiebung der Debatten über Flüchtlinge
Jede Idee, die Kompromisslosigkeit gegenüber Flüchtlingen symbolisieren kann, scheint willkommen. Schlag auf Schlag hagelt es Gemeinheiten, vom »Anti-Abschiebeindustrie-Vorwurf« über die angedrohte Streichung der Entwicklungshilfe bis zum Werteunterricht, den die Unionsfraktionen nun den Flüchtlingskindern verordnen. Unterstellt wird ganz im Geiste der AfD, dass die auf Linie zu bringenden Menschen der westlichen Kultur fern bis misstrauisch gegenüberstünden und letztlich überwältigt werden müssten, bevor sie uns überwältigen. Diesen Kampf gewinnt der Stärkere, so meint man. Also der Staat - mit Anker-Zentren und beschleunigter Abschiebung und neuen sicheren Herkunftsländern und einem rigorosen Dublin-IV-System. Und mit Wertekursen für diejenigen, die man nicht abschieben kann.
Alle Gesellschaften erklären ihren Rechts- und Wertebestand zur allgemeinen Norm. Sonst könnten sie gar nicht funktionieren. Eine Gesellschaft aber, die individuelle Freiheit und Menschenwürde zu ihren Bestandsmerkmalen erklärt hat, muss zuerst auf Beispiel und Überzeugung bauen. Sie kann diese Werte ihren Neumitgliedern schwerlich einbläuen, ohne sich selbst in Frage zu stellen. Umso schlimmer, wenn Kindern zugedacht wird, was man bei ihren Eltern offenkundig als aussichtslos betrachtet. Die bereits existierenden Integrationskurse erhalten eine Variante für Kinder, die danach zu Hause austragen müssen, was der Staat sich selbst nicht zutraut. Doch Integration ist eine Aufgabe von Generationen. Alles andere ist Zwang zur Anpassung.
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