Ein Aufruf zum Regimewechsel

Kritik in den USA an der neuen Iran-Strategie der Trump-Regierung

  • Max Böhnel, New York
  • Lesedauer: 3 Min.

Die »New York Times« bezeichnete Mike Pompeos ersten großen Auftritt als Außenminister als »Rede eines Hardliners, der Iran auffordert, so ziemlich alles zu ändern, was das Land in der Weltpolitik macht«. Suzanne Maloney von der Denkfabrik Brookings Center for Middle East Policy monierte, Pompeo habe »keine Strategie vorgestellt, sondern eher Wunschdenken offenbart, das man nur als Aufruf zum Regimewechsel in Iran interpretieren kann«. Das Regime dort werde »kämpfen müssen, um seine Wirtschaft am Leben zu erhalten«, hatte der oberste Diplomat der USA in seiner Rede bei der rechten Denkfabrik Heritage Foundation getönt. Washington wolle nun weit über die alten Sanktionen aus der Obama-Ära hinausgehen. Nichtamerikanische Unternehmen, die mit Iran Geschäfte machen, würden ebenfalls mit Sanktionen belegt werden.

Der Trump-Regierung geht es um »maximalen Druck«, der in der Tat auf einen Regimewandel hinausläuft. Pompeo machte deutlich, dass die Verhinderung eines nuklear bewaffneten Iran lediglich ein Ziel der USA ist. Es gehe außerdem darum, eine »vollkommene strategische Neuausrichtung« Teherans zu bewirken. Erst wenn diese erfolge, würden die Vereinigten Staaten die Sanktionen aufgeben, volle diplomatische Beziehungen aufnehmen und Iran in die Weltwirtschaft integrieren.

Pompeo legte einen zwölf Punkte umfassenden Katalog von Forderungen vor, deren Erfüllung die Grundlage für eine Annäherung der USA sei. Dazu gehören die Beendigung jeglicher Urananreicherung und des Raketenprogramms sowie der bedingungslose Zugang von Inspektoren zu allen Orten im Land. Die Trump-Regierung fordert zudem das Ende der Unterstützung für die libanesische Hisbollah, die palästinensische Hamas und die jemenitische Huthi-Miliz. Verlangt werden der Abzug iranischer Truppen aus Syrien sowie das Ende der Bedrohungen Israels, Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate. Außerdem soll Iran nach dem Willen der USA die schiitischen Milizen in Irak demobilisieren, die Unterstützung der Taliban aufgeben und sich von internationalen Schifffahrtswegen im Golf zurückziehen.

Und es gab einen weiteren deutlichen Hinweis darauf, dass es der Trump-Regierung in Iran letztlich um den »regime change« geht: Pompeo ging ausführlich auf die Unzufriedenheit der iranischen Bevölkerung ein. »Die Iraner sind zutiefst enttäuscht von ihrer eigenen Regierung«, sagte er. »Das iranische Volk möchte in steigendem Maße politische, soziale und wirtschaftliche Veränderung.«

Politische Beobachter werten die Forderungen in ihrer Gesamtheit als unannehmbar für die Führung in Teheran. Die Rede hätte »so Wort für Wort auch von Bolton gehalten werden können«, sagt Suzanne Maloney. Damit bezog sie sich auf Trumps neuen nationalen Sicherheitsberater John Bolton - einem Hardliner, dem Diplomatie als suspekt und Krieg sowie Regimewechsel als einzig sinnvolle USA-Außenpolitik gelten. Pompeo war seit seiner Reise nach Nordkorea eine gewisse diplomatische Reife zugestanden worden. Doch offenbar ist sich die Trump-Regierung in der Iran-Frage einig.

Dies sieht auch der Präsident des den Demokraten nahestehenden »National Iranian American Council«, Trita Parsi, so. Die US-Außenpolitik gegenüber Teheran sei bewusst auf Konfrontation und »ganz klar darauf angelegt, dass es zu keinerlei Neuverhandlungen kommt«, schrieb er. Doch wenn man »den Druck maximiert und unerfüllbare Forderungen stellt, dann bereitet man Krieg den Boden«, so Parsi. Dies sei das einzige Ziel von Trump und das seiner politischen »Cheerleader« in Saudi-Arabien und Israel. Und dass die Vereinigten Staaten entgegen den Beteuerungen von Präsident Trump auch in Nordkorea auf »regime change« aus sind, bestätigte Vizepräsident Mike Pence am Montagabend im rechten Fernsehsender »Fox News«. Wenn Kim Jong Un mit den USA »keinen Deal macht, dann tritt das Libyen-Modell in Kraft«, sagte er. Dort wurde Gaddafi gestürzt.

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