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Motiv Rassismus: Bundesregierung korrigiert Opferzahl
Überprüfung von Morden in Berlin sorgt für Erhöhung in Statistik auf 83 Todesopfer durch rechte Gewalt
Berlin. Die Bundesregierung hat die Zahl der Todesopfer rechter Gewalt seit der Wiedervereinigung nach oben korrigiert. Gegenwärtig zeige die Statistik »76 vollendete rechts motivierte Tötungsdelikte mit 83 Todesopfern seit 1990«, teilte Stephan Mayer (CSU), Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium, auf eine parlamentarische Anfrage von Bundestagvizepräsidentin Petra Pau (LINKE) mit. Die Antwort, über die zuerst der Berliner »Tagesspiegel« (Montag) berichtete, liegt dem Evangelischen Pressedienst (epd) vor. Zuletzt hatte eine Bilanz der Regierung vom März 2017 insgesamt 70 Fälle ergeben, bei denen Neonazis und andere Rechte 76 Menschen getötet hatten.
Grund für die Zunahme ist eine Überprüfung von mutmaßlich rechts motivierten Gewalttaten in Berlin. Das Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität hatte im Auftrag des Landeskriminalamts (LKA) mehrere Altfälle aufwendig geprüft und im Mai die Nachmeldung von sechs Verbrechen mit sieben Todesopfern als rechte Delikte empfohlen. Das LKA übernahm das Ergebnis und unterrichtete das Bundeskriminalamt, das dann die Regierung informierte.
Anlass der wissenschaftlichen Untersuchung in Berlin war eine im Jahr 2000 begonnene Langzeitrecherche des »Tagesspiegels«, die eine bundesweit erheblich höhere Zahl der Todesopfer seit der Wiedervereinigung ergibt als die offizielle Bilanz. Die Zeitung kommt auf mindestens 150 Tote seit dem 3. Oktober 1990. Die Amadeu-Antonio-Stiftung geht sogar von 193 Todesopfern seit dem Mauerfall aus.
Unterdessen haben Neonazis und andere Rechte nach vorläufigen Erkenntnissen der Polizei in den ersten vier Monaten 2018 bereits 3714 Straftaten begangen, darunter 174 Gewaltdelikte. Auch das ergaben die Antworten der Regierungen. Die Bilanz der Polizei wird noch deutlich wachsen, da sie üblicherweise viele Verbrechen nachmeldet. Bei den Gewalttaten wurden 132 Menschen verletzt. Die Polizei stellte insgesamt 1526 Tatverdächtige fest, 27 wurden vorläufig festgenommen. Nur zwei landeten in Untersuchungshaft. Agenturen/nd
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