Vergiftete Früchte

Simon Poelchau über das Ende der Kreditprogramme für Athen

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 2 Min.

Wo würde Europa jetzt stehen, hätte die SYRIZA-Regierung im Sommer 2015 ein Ende der Sparmaßnahmen erreichen können, statt auf ein drittes Kreditprogramm eingehen zu müssen - und wäre das »Oxi«, das »Nein«, der Griechen ein Symbol des Sieges und nicht der Niederlage gegen den Sparzwang geworden? Wir wissen es nicht. Jedoch sollte sich niemand übermäßig über das Auslaufen des Programms freuen.

Athen nicht, weil die EU-Kommission ihm noch bis 2022 auf die Finger schaut und es keine wirklichen Schuldenerleichterungen bekommt, wie sich die Eurogruppe in der Nacht zum Freitag mit dem Land einigte. Aber auch das andere Europa sollte sich nicht zu sehr freuen. Denn selbst wenn Athens Regierung um Premierminister Alexis Tsipras einige Erleichterungen erreichen konnte, so stellt nicht allein für ihn das dritte Kreditprogramm eine Niederlage dar. Zusammen mit den Griechen gingen im Sommer 2015 überall in der EU Tausende Menschen für ein solidarisches Europa jenseits eines neoliberalen Sparzwangs auf die Straße.

Dies verhinderten vor allem Kanzlerin Angela Merkel und ihr damaliger Finanzminister Wolfgang Schäuble mit ihrer knallharten Haltung gegenüber Athen. Sie statuierten damals an dem Land ein Exempel. Doch auch sie sollten sich nicht zu sehr freuen. Die Saat, die sie damit säten, trägt nun vergiftete Früchte. Weil die Chance für ein solidarisches Europa verpasst wurde, muss sich Merkel jetzt mit einem erstarkten Rechtspopulismus herumschlagen.

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