Das Krebsrisiko fliegt mit

Studie zeigt erhöhte Gesundheitsgefährdung von Piloten und Flugbegleitern

  • Lesedauer: 3 Min.

Boston. Flugzeugbesatzungen in den USA erkranken häufiger an verschiedenen Formen von Krebs als der Durchschnitt der Bevölkerung. Neben verschiedenen Hauttumoren treten Krebs an Brust, Gebärmutter, Darm, Schilddrüse und Gebärmutterhals bei Berufsfliegern öfter auf, berichtet das Fachjournal »Environmental Health«.

Forscher hatten die Angaben von mehr als 5300 überwiegend weiblichen Flugbegleitern zu ihrem Arbeitsleben und ihrem Gesundheitszustand mit den Daten von 5000 Teilnehmern einer nationalen Studie der US-Gesundheitsbehörde CDC verglichen. Dann prüften sie, ob es einen Zusammenhang zwischen der Zahl der Krebserkrankungen und der Berufstätigkeit gibt. Der Studienaufbau hat nach Einschätzung deutscher Experten allerdings Mängel: Mögliche andere Einflussfaktoren seien nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Die Forscher der Harvard School of Public Health fanden heraus, dass gut 15 Prozent des Flugpersonals eine Krebsdiagnose erhalten hatten. Verglichen mit der Altersgruppe der Gesamtstudie zeigten Vielflieger eine höhere Rate bei Tumoren an Brust (3,4 Prozent gegenüber 2,3 Prozent), Gebärmutter (0,15/0,13 Prozent), Gebärmutterhals (1,0/0,7 Prozent), Darm (0,47/0,27 Prozent) und Schilddrüse (0,67/0,56 Prozent). Besonders deutlich war der Unterschied beim Hautkrebs: Mehr als doppelt so viele Flugbegleiterinnen (2,2 Prozent) entwickelten Melanome, und gut vier Mal so viele (7,4 Prozent) andere Formen von Hautkrebs. Auch vielfliegende Männer, die nur nach Hautkrebs befragt wurden, schnitten schlechter ab - allerdings erkrankten sie deutlich seltener als ihre Kolleginnen. »Gemessen an den niedrigen Raten von Übergewichtigen und Rauchern in dieser Berufsgruppe ist das Ergebnis auffallend«, sagt Ko-Autorin Irina Mordukhovich. Die Befunde bestätigten vorhergehende Studien.

Bei ihrer Arbeit über den Wolken ist das Flugpersonal diversen Krebsrisiken ausgesetzt - dazu zählen erhöhte kosmische Strahlung und UV-Strahlung, unregelmäßige Schlafrhythmen und möglicherweise auch chemische Substanzen in der Kabine. Seit langem ist bekannt, dass die Hautkrebsrate unter langjährigen Berufsfliegern erhöht ist. Anders als in den USA wird in Europa deshalb die Strahlenbelastung von Piloten und Flugbegleitern überwacht und beschränkt.

Die Studiendaten zu Brust- und Hautkrebs seien nicht neu, sagen Experten des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS), aber mit Vorsicht zu interpretieren: So könnten erhöhte Brustkrebsraten damit in Zusammenhang stehen, dass Flugbegleiterinnen weniger und oft relativ spät Kinder bekämen. »Beide Faktoren erhöhen das Brustkrebsrisiko.« In der Studie der US-Forscher hatten vielfliegende Frauen ohne Kinder, aber auch die mit drei oder mehr Kindern ein erhöhtes Brustkrebsrisiko - letztere möglicherweise aufgrund von Stress und Schlafmangel, so die Forscher.

Mit Blick auf die höheren Hautkrebsraten bleibe außen vor, wie oft die Betroffenen sonst in die Sonne gingen, heißt es beim BfS. Die UV-Strahlung stelle im Flieger eine geringere Gefahr dar, problematischer sei die kosmische Strahlung. »Sie ist in erster Linie abhängig von der Flughöhe, der Flugdauer sowie dem Zeitpunkt.« So können Sonnenaktivitäten ionisierende Strahlung verstärken.

Die rund 40 000 überwachten deutschen Flugbegleiter und Piloten sind laut BfS im Durchschnitt einer Strahlung von 2,5 Millisievert ausgesetzt. Der Jahresgrenzwert für Menschen, die im Beruf Strahlen ausgesetzt sind, beträgt 20 Millisievert. Für Gelegenheits- und Urlaubsflieger sei die Gefahr durch die Höhenstrahlung sehr gering. Auch auf der Erde bekommt in Deutschland jeder Mensch jährlich im Durchschnitt 2,1 Millisievert natürliche Strahlung ab. dpa/nd

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