Wahlbeobachterin: Einschüchterung und Hoffnung

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Emily Laquer von der Interventionistischen Linken (IL) war am Wahlsonntag als Mitglied einer Wahlbeobachterdelegation aus Hamburg in Diyarbakır im Südosten der Türkei. Ihrer Delegation sei mehrfach der Zutritt zu Wahllokalen verweigert worden, sagt sie gegenüber »nd«. Sie selbst sei zwei Stunden von der Polizei festgehalten worden. In Wahllokalen in Diyarbakır und dem Umland habe es, so Laquer, massive Militär- und Polizeipräsenz gegeben. In allen Wahllokalen hätten Dutzende schwer bewaffnete Soldaten gestanden. Mehrfach sei ihre Delegation angesprochen worden von Wählern, die sich eingeschüchtert fühlten. Briefwahl ist in der Türkei nicht möglich.

Trotz der angespannten Lage sei die Stimmung in Diyarbakır »überraschend hoffnungsvoll« gewesen, so Laquer. Der erneute Einzug der linken HDP ins Parlament wurde begeistert gefeiert. Die Erzählung von den »dunklen Zeiten mit einem Alleinherrscher Erdoğan und einer inhaftierten Opposition zeigen nicht das ganze Bild«, sagt die Aktivistin. Viele Menschen seien widerständig und bereit, auch unter erschwerten Bedingungen weiterzukämpfen. »Es gibt nicht genug Knäste, um sie alle einzusperren.«

Laquer verwies zudem darauf, dass Regieren mit Ausnahmezustand, verstärkte Law-and-Order-Politik und Nationalismus nicht ausschließlich ein türkischer Trend seien, sondern »ein globales Phänomen«. Es habe sie »beeindruckt, wie entschlossen viele Menschen in der Türkei sind, nicht zu kapitulieren«. Man dürfe nicht glauben, dass autoritäre Zustände einfach von allein wieder weggehen. Der Widerstand in der Türkei sei daher aus ihrer Sicht auch Vorbild für Aktivisten in Deutschland. net

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