Flächen sparen beim Neubau: Mehr hoch als breit

Um Grundstücke besser auszunutzen, sollen verschiedene Nutzungen künftig gestapelt werden

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Unser Anspruch ist, jetzt schlauen Städtebau der Zukunft zu machen und nicht zu warten, bis sich das möglicherweise von selbst ergibt«, sagt Katalin Gennburg, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Zusammen mit SPD und Grünen wurde dazu ein Beschluss gefasst. Ziel: Der Senat soll »eine effektive Ausnutzung von Baugrundstücken« befördern. »Dabei soll insbesondere eine ökologisch und sozial angemessene Nachverdichtung bereits bebauter Grundstücke unterstützt werden, um die Inanspruchnahme neuer Grün- und Freiflächen für eine bauliche Nutzung und neue Versiegelungen zu minimieren«, heißt es weiter in dem Antrag, mit dem am Donnerstag im Abgeordnetenhaus eine verbindliche Leitlinie für die künftige Baupolitik beschlossen wurde. »Der Beschluss ist ganz wesentlich von der unsäglichen Debatte geprägt, ob man Kleingärten braucht oder nicht«, so Gennburg.

»Neue Schulstandorte oder Kindergärten sollen ergänzende Nutzungen aufnehmen und so in das Quartier ausstrahlen, ob mit Bibliothek, Musikschule oder eben Wohnungen«, nennt Andreas Otto, Stadtentwicklungsexperte der Grünen-Fraktion, ein weiteres Ziel der Initiative. Auch bei großen Sanierungen lohne es sich, eine Mehrfachnutzung zu prüfen, findet er. »Gerade bei Wohnungen und Schulen lässt sich sehr breit nachdenken«, so Otto. Angefangen von Hausmeisterwohnungen lasse sich dort auch das wieder aufkommende Thema Werkswohnungen diskutieren. »Wenn Berlin LehrerInnen aus anderen Bundesländern anwerben will, könnten die als Soforthilfe eine Wohnung auf einem Schulgrundstück bekommen«, erklärt er. Aufgrund der geringeren Bezahlung gelte das noch mehr für ErzieherInnen.

»Die Idee der Nutzungsmischung ist auch damit verbunden, ein lebendigeres Zusammenspiel zu erwirken«, sagt LINKEN-Politikerin Gennburg. Die bisherige Funktionstrennung führe dazu, dass die Orte nur zu bestimmten Zeiten genutzt würden und ansonsten verwaist seien. Eine Schule könne beispielsweise mit einem Obdachlosen-Nachtcafé kombiniert werden, ohne dass es zu Konflikten komme. Auch ein in der Nacht genutztes Logistikzentrum könne eine sinnvolle Zusatznutzung sein, glaubt Gennburg.

»Die Bildungspolitiker haben oft die Sorge, dass die Schulnutzung gestört werde«, berichtet Andreas Otto. »Der Schulhof soll nicht zur Spielwiese für ungeeignete Nutzungen werden«, sagt er. Separate Zugänge und auch getrennte sanitäre Anlagen sollen dafür Sorgen, dass keine Konflikte entstehen. Zumal laut Beschluss die Nutzung »ausschließlich räumlich oder zeitlich getrennt« von Kita- oder Schulbetrieb erfolgen soll und außerdem die Einwilligung der Gremien der entsprechenden Bildungseinrichtung voraussetzt. Sollte die Trennung nicht gegeben sein, ist auch die Zustimmung der Elternvertretung erforderlich.

Ein wichtiger Aspekt ist auch eine städtebaulich gute Ausnutzung von Supermarkt-Grundstücken. So seien »eingeschossige Discountmärkte in Gebieten, wo sieben Vollgeschosse möglich sind, eine deutliche Unterauslastung und gerade nicht flächensparend«, heißt es im Beschluss.

Etwas unklar sei noch, was das Vorhaben der Koalitionsfraktionen »wirklich verbindlich« mache, räumt Gennburg ein. Immerhin muss die Stadtentwicklungsverwaltung dem Abgeordnetenhaus einmal jährlich über Fortschritte berichten. »Abgeordnete haben oft mehr Fantasie als die Verwaltung«, so Otto. »Aber solche Dinge wurden woanders bereits erfolgreich umgesetzt«, sagt er zuversichtlich.

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