Wenn Oma den Enkel betreut ...

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Kinder in der Obhut ihrer Großeltern sind bei Unfällen nicht automatisch gesetzlich versichert, so das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel am 19. Juni 2018 (Az. B 2 U 2/17 R).

Der Fall: Eine Großmutter aus dem Raum Magdeburg wollte, dass die Unfallkasse Sachsen-Anhalt als staatliche Einrichtung den Unfall ihres Enkels anerkennt und zahlt. Der Junge war als Einjähriger 2008 während der Betreuung durch die Oma in einen Pool gefallen, er ist seitdem schwer behindert.

Das Urteil: Nach Ansicht der BSG-Richter bestand kein Versicherungsschutz, weil eine Einbindung des Jugendamtes in das Betreuungsverhältnis fehlte. Das Sozialgesetzbuch sieht zwar einen Versicherungsschutz für Kinder bei der Betreuung durch »geeignete Tagespflegepersonen« vor. Doch das umfasse nicht die Betreuung durch die Großmutter, die weder Geld bekam noch als Tagespflege registriert war. Der Unfallschutz gelte nur, wenn man sich in »einen staatlich organisierten Verantwortungsbereich hinein begibt«, so das BSG, das damit zwei Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigte.

Die Unfallkasse hatte vor den schwerwiegenden Folgen gewarnt, sollte die Großmutter Erfolg haben. »Dann würde die Unfallversicherung zu einer Volksversicherung verkommen«, so die Unfallkasse. Ohne gesetzliche Unfallversicherung würden am Ende nur die Fälle bleiben, in denen Eltern ihre Kinder selbst betreuten.

Ein Gericht hatte die Oma im Zivilverfahren zur Zahlung von 400 000 Euro Schmerzensgeld verurteilt. Hätte die Oma vor dem BSG gewonnen, wäre dieses Urteil nichtig gewesen. Laut Anwalt des Jungen muss nun die Haftpflichtversicherung der Großmutter zahlen. dpa/nd

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