Erinnerung in Schichten

Porträt eines Antifaschisten von E. G. Reuter

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 2 Min.
Erinnerungskultur ist geschichtet. In dem Porträt von Hans Spicker (Abb.) treffen die Zeitachsen der 30er und 40er Jahre, der 80er Jahre und der Gegenwart aufeinander. Der gebürtige Berliner gehörte während der Naziherrschaft der illegalen Berliner Organisation der KPD an. Der gelernte Buchdrucker fälschte Pässe, damit von Verhaftung bedrohte Widerstandskämpfer, aber auch verfolgte jüdische Bürger Deutschland verlassen konnten. Er selbst wurde bei dieser Tätigkeit von der Gestapo erwischt und in die Konzentrationslager Dora und Buchenwald gebracht. Dort wurde er 1945 von den Amerikanern befreit. Der 1933 im Erzgebirge geborene Grafiker Ernest G. Reuter, seinerzeit Mitglied des Jungvolks, erhielt im Jahre 1980 den Auftrag vom Rat des Stadtbezirks Prenzlauer Berg in Berlin den Auftrag, verdiente Antifaschisten zu porträtieren. Im Jahr darauf saß ihm Spicker mehrfach Modell und erzählte von seinen Erlebnissen. »Mich hat am meisten beeindruckt, wie die Menschen das damals ertragen haben«, sagt Reuter heute. Der einstige Schüler von Tübke, Mattheuer und Heisig - »Ich war einer seiner Lieblingsschüler«, beschreibt Reuter sein Verhältnis zu Heisig - hat versucht, seinem Modell das ereignisreiche Leben durch verdichtete Strukturen wie eine Landschaft in die Stirn zu schreiben. Reuter zeichnete das Bildnis mit Kreide direkt in den Lithografiestein. Die Grafik wurde 1981 in der Ausstellung »Berliner heute« gezeigt. Stein und Grafik befinden sich im Besitz des Künstlers. Reuter findet, die Menschen müssten sich weiter der Kulturtechnik des Erinnerns befleißigen.

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