Leitstelle beschleunigt Neubau

In wenigen Monaten bei Projekten mit 1500 Wohnungen Genehmigungshürden beseitigt

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»Obwohl wir mit den Bezirken Vereinbarungen zum Wohnungsbau getroffen haben, stellen wir fest, dass einzelne dieser Projekte nicht vorankommen«, macht sich Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE) Luft. Seit Langem übt der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) immensen Druck auf die Senatorin aus, da der Wohnungsbau seiner Meinung nach nicht schnell genug vorankommt. »Wenn die Vorhaben groß genug sind, dann müssen wir sie an uns ziehen«, droht Lompscher. »In Friedrichshain-Kreuzberg und Pankow ist die Bearbeitungsdauer sehr, sehr lang«, beklagt die Senatorin. Als neues Problem sei nun auch Lichtenberg dazugekommen. »Und in Reinickendorf und Steglitz-Zehlendorf könnte beim Wohnungsbau viel mehr passieren.« Gerade der Südwestbezirk neige dazu, nur sehr geringe bauliche Dichten zuzulassen. »Landeseigene Wohnungsbauunternehmen können nicht in dörflichen Strukturen bauen«, so die Senatorin.

Doch eigentlich hat Lompscher am Mittwochmorgen eingeladen, um die im Februar neu aufgestellte Wohnungsbau-Leitstelle (WBL) als ein »funktionierendes Instrument« zu loben. Bei sieben Neubauprojekten mit insgesamt 1500 Wohnungen konnten in nicht einmal fünf Monaten die Steine aus dem Weg geräumt werden, die teilweise jahrelang die Realisierung blockiert hatten. Fünf weitere Projekte bräuchten etwas länger.

Den ersten Vollzug konnte WBL-Leiterin Grit Schade im April für das Ludwig-Hoffmann-Quartier in Buch vermelden. 200 Wohnungen können gebaut werden, nachdem der Streit um eine Erschließungsstraße beigelegt worden war. »An die drei Jahre ist man da zu keiner Einigung gekommen«, sagt Schade. Notwendig war dafür eine Sitzung des unter Vorsitz der Stadtentwicklungssenatorin tagenden Steuerungsausschusses Wohnungsbau, der zweiten Eskalationsstufe des im Februar beschlossenen Konzepts zur Beschleunigung des Wohnungsbaus. Dort entscheiden die entsprechenden Senatsressorts auf der Basis der vorliegenden und fachlich geprüften Lösungsmöglichkeiten.

»Die Clearinggespräche werden ernsthafter geführt, seitdem es die Entscheidungsstruktur gibt, die Gespräche sind konsensorientierter«, berichtet Schade. die Senatorin ergänzt: »Die Konflikte finden auf der Bearbeiterebene statt. Die Wohnungsbau-Leitstelle ist nichts anderes, als dass man die Dinge auf die politische Ebene hebt.« Die Macht von Sachbearbeitern sei nicht zu unterschätzen. Lompscher betont, dass die WBL »kein Instrument ist, um die Bezirke zu kujonieren«.

Auf den Weg gebracht werden konnten zwei weitere Projekte der GESOBAU in Pankow mit über 250 Wohnungen sowie jeweils ein Projekt der WBM in Staaken und eines der Stadt und Land in Altglienicke mit zusammen 650 Wohnungen, allesamt von landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. In zwei Dritteln der bisher 14 behandelten Fälle waren es landeseigene Unternehmen, die an die Wohnungsbau-Leitstelle herantraten, berichtet Schade. Der Rest waren Private. So wie die Bonava. Deren Projekt mit 316 Wohnungen, von denen ein Teil die landeseigene Gewobag übernehmen soll, verweigerte die Verkehrslenkung Berlin zunächst die Genehmigung für die Erschließung per Straße. »Wenn alles auf dem Tisch liegt und man weiß, dass es eine gute und eine schlechte Lösung gibt, dann kommt es auch zu einer Entscheidung«, sagt Lompscher.

»Bei einem Vorhaben der WBM zusammen mit einem sozialen Träger haben wir erst am Montag das Problem gelöst«, erklärt Grit Schade. Das Grundstück ist im gültigen Bebauungsplan als Gemeinbedarfsfläche ausgewiesen. »Nun wird es einen neuen Bebauungsplan mit Ausweisung als urbanes Gebiet geben, was eine Mischnutzung auch für Wohnungen ermöglicht«, erklärt die Stadtentwicklungssenatorin. 88 Wohnungen können so entstehen.

Die dritte Eskalationsstufe kommt bei dem Gelände von Knorr-Bremse am S-Bahnhof Marzahn zum Tragen. Die Stadtentwicklungsverwaltung möchte dort den Bau von bis zu 1200 Wohnungen ermöglichen, die Wirtschaftsverwaltung will die Industriefläche erhalten. In der nächsten Senatssitzung in zwei Wochen wird Katrin Lompscher eine Vorlage einbringen, die anschließend diskutiert, möglicherweise noch geändert und schließlich beschlossen wird.

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