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- Verfassung in Frankreich
Angekommen in der Realität
»Rasse«? Das kann weg, findet Samuela Nickel
Die französische Nationalversammlung hat am Donnerstag beschlossen, das Wort »Rasse« aus der Verfassung zu streichen. Warum? Die Abgeordneten sehen den Begriff als veraltet an. Er steht darin seit 1946 - die Gleichheit aller vor dem Gesetz wurde damals festgeschrieben als Entgegnung zu den Rassentheorien der Nazis. Mittlerweile hat das Wort aber die umgekehrte Wirkung: In Zeiten des Rechtsrucks haben Pseudowissenschaftler*innen - von Thilo Sarrazin bis Nicholas Wade - die Rassenlehre für sich neu entdeckt. Sie bringen biologistische Scheinargumente an für die vermeintliche Schnelligkeit, Rhythmuslosigkeit, Gebärfreudigkeit, Gewaltbereitschaft oder Intelligenz einzelner Menschen und legitimieren mit ihren Hasstheorien die Ausgrenzungsrhetorik rechter Politiker*innen.
Die Streichung des Wortes ist ein Meilenstein für den Kampf gegen Rassismus: Wenn von Staatsseite anerkannt wird, dass es keine »Menschenrassen« gibt, können sich Rassist*innen nicht mehr auf diese falsche Behauptung berufen. Diskriminierung sichtbar zu machen und dafür Begriffe zu haben, bleibt wichtig. Aber diese müssen faktisch stimmen und auch verdeutlichen, dass Menschen aufgrund des systemischen, institutionalisierten Rassismus benachteiligt werden und nicht aufgrund ihrer Eigenschaften. Auch Deutschland sollte schleunigst nachziehen und das Wort aus dem Grundgesetz nehmen.
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