Der Favorit verliert

Beim Etappensieg von Nairo Quintana muss Chris Froome einige Spitzenfahrer ziehen lassen

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 3 Min.

Bei der extrem kurzen 17. Etappe verteidigt Sky-Profi Geraint Thomas souverän die Führung. Der Kolumbainer Quintana holt den Etappensieg und rückt auf Position fünf vor.

Von Tom Mustroph,

Saint-Lary Soulan

Es war eine Startaufstellung wie bei der Motorradweltmeisterschaft. Geraint Thomas als Gesamtführender in der ersten Startreihe, rechts und links hinter ihm der Gesamt-Zweite Chris Froome und der Dritte Tom Dumoulin. Auf den Außenpositionen dahinter vervollständigten der Vierte und der Fünfte, Primoz Roglic und Romain Bardet, die Pfeilformation. Anders als von den Organisatoren erhofft, stiegen die Top-Fahrer aber nicht mit voller Kraft in die Pedalen.

Nur der Franzose Bardet kam schnell weg. Er blickte sich um, und nahm wieder Tempo heraus, als er sah, dass ihm niemand folgte. Den Favoriten lag offenbar an Gemächlichkeit. Angeführt von Lilian Calmejane, einem der aktivsten Ausreißer dieser Tour, warf sich dann eine Schar von Helfern und Etappenjägern in den ersten Anstieg. Unter ihnen war auch der Berliner Simon Geschke. »Wenn es meine Beine hergeben, dann will ich bis zum letzten Anstieg an der Seite von Tom Dumoulin sein«, hatte er vor der Etappe »nd« gesagt. Geschke ging nach vorn, um im Finale präsent zu sein.

Den ersten Anstieg zum Col de Peyresourde nutzte noch keiner der Klassementfahrer zu einer Attacke. Sky kontrollierte das Feld und ließ den besten Ausreißern schnell drei Minuten Vorsprung. Aus ihnen bildete sich ein Führungstrio mit dem Esten Tanel Kangert (Astana), Bergkönig Julian Alaphilippe (Quick Step) und dem Kroaten Kristijan Durasek (UAE) heraus. Sie wurden verfolgt von einer Sechsergruppe unter anderem mit Bora-Kletterer Rafal Majka und Altstar Alejandro Valverde (Movistar). Letzterer hielt sich als mögliche Relais-Station für seine Kapitäne Mikel Landa und Nairo Quintana vorn auf.

Dumoulin-Helfer Geschke wurde hingegen bereits auf der Mitte des zweiten Anstiegs des Tages, zum Col de Val Louron-Azet, von der Favoritengruppe eingeholt. Dort gab es kleinere Attacken von Bardet und dem Gesamt-Zehnten Dan Martin (UAE), die allerdings keinen Schaden anrichteten. Movistar bereitete danach mit Helfer Marc Soler eine Beschleunigung vor. Doch mehr als diese Vorbereitung war vom spanischen Team nicht zu sehen. Völlig bedeckt hielt sich das gut platzierte LottoNL Jumbo-Duo Primoz Roglic und Steven Kruijswijk. Die mit Spannung erwartete Etappe zum Col du Portet schien doch nichts anderes als eine ganz normale Bergetappe zu werden.

Sky kontrollierte, die Rivalen zauderten, und vorn versuchten ein paar Ausreißer, das Rennen ihres Lebens zu fahren. Dann, endlich, am Fuße des Col du Portet, begann das Rennen. Quintana nutzte die Führungsarbeit vom Teamkollegen und schoss aus dem Peloton heraus. Die Sky-Profis redeten erregt in ihre Mikrofone - erhielten dann aber offenbar die Anweisung, den Kolumbianer ziehen zu lassen.

Als nur zwei Kilometer später der Slowene Roglic antrat, folgte ihm der Gesamt-Zweite Froome. Das Duo entfernte sich, und es war nicht klar, ob Froome den Rivalen markieren wollte oder die Attacke nutzte, um selbst Zeit auf seinen Teamkollegen Thomas zu gewinnen.

Sunweb-Kapitän Dumoulin übernahm nun die Verfolgung. Thomas hielt sich in seinem Schatten. Dumoulin schloss die Lücke, während Quintana vorn kurzzeitig Hilfe vom Teamkollegen Valverde bekam. Kontinuierlich verringerte der Kolumbianer den Rückstand auf Kangert und holte ihn 8,5 Kilometer vor dem Gipfel ein. Er hatte den Etappensieg und eine Verbesserung seiner Gesamtplatzierung im Auge.

In der Favoritengruppe beschleunigte Dumoulin zwei Kilometer vor dem Ziel. Froome war distanziert. Thomas aber hielt stand, wurde sogar noch Etappendritter.

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