Nachrufe

  • Lesedauer: 2 Min.

Oksana Schatschko

31. 1. 1987 - 23. 7. 2018

Wenn Frauen mit nacktem Oberkörper sich nicht konsumfördernd auf Autoreifen räkeln, sondern mitten im politischen Geschehen Plakate in die Höhe halten oder Parolen auf ihren Brüsten stehen, handelt es sich vermutlich um Femen. Über das Markenzeichen der feministischen Gruppierung, die sich von der Ukraine in mehrere Länder ausgebreitet hat, kann man streiten. Aber es ist etwas dran an ihrer Erklärung, dies sei »der einzige Weg, um gehört zu werden«. Unter dem Femen-Label gab es inzwischen unzählige Aktionen, darunter gegen Sextourismus, Prostitution, die katholische Kirche, Putin, Berlusconi, Woody Allen und vieles mehr.

Das blieb nicht ohne Konsequenzen: So wurde etwa Mitgründerin Oksana Schatschko der Gruppe zufolge nach Protesten gegen den weißrussischen Autokraten Alexander Lukaschenko in Minsk von Sicherheitskräften entführt und misshandelt sowie einmal von Unbekannten krankenhausreif geschlagen. Seit 2012 lebte die Künstlerin im Exil in Paris, wo sie sich zuletzt nur noch ihrem Beruf widmete. Schatschkos orthodox-religiöse Ikonen entsprechen nicht ganz den Sehgewohnheiten: Da erscheint Jesus als Gangster, trägt die Jungfrau Maria Burka und erinnern Vater, Sohn und Heiliger Geist stark an die Femen. Am Montag wurde Schatschko tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Sie wurde nur 31 Jahre alt. rst

Helmut Krätzig

23. 10. 1933 – 9. 7. 2018

Nichts kehrt wieder, und doch dominiert Fortdauerndes. TV-Krimis wirken mitunter wie letzte Bastionen einer aufhellend bösen Sicht auf Realität: Korruption, Fremdenhass, Gier im Zentrum des Gefildes, darin die politische Klasse ihre scheinbare Unfehlbarkeit feiert. So, wie es auch zu DDR-Zeiten der »Polizeiruf 110« war, der das brüchige Gefüge einer Wirklichkeit offenbarte, die es ansonsten schwer hatte, medial zu erscheinen.
Autor und Regisseur Helmut Krätzig – in Leipzig Germanistikstudent bei Hans Mayer – gehörte zu den Pionieren (»Der Fall Lisa Murnau«) und zu den Meistern eines Krimis, der ins Ungeschminkte hineinleuchtet, ins Müde, Zerschlissene. Aber: stets in Form gesetzt mit den Eleganz-Möglichkeiten des Genres. In jeder Kultur gibt es den Adel der Negativität – sie fordert exakt so viel Gegenwehr ab, wie zum Bestand der Humanität nötig ist. Krätzigs Filme (»Geheimkommando Bumerang«, »Ich – Axel Cäsar Springer«) erzählen davon. hds

Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Dank der Unterstützung unserer Community können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen

Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.