Seehofers Teilsieg

Nun fehlen noch Italien und Griechenland bei der Flüchtlingsrücknahme

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 3 Min.

Wenig ist über die diesjährigen Urlaubsaktivitäten der Bundeskanzlerin bekannt. Nun wurde mitgeteilt, Angela Merkel besuche am Wochenende den spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez in seinem Ferienort in Andalusien. Es solle auch um Migrationspolitik gehen. Seit Juni erst ist Sanchez Regierungschef seines Landes, und der Politiker der sozialdemokratischen PSOE sieht sich sogleich handfesten Erwartungen nicht nur seiner eigenen Bevölkerung gegenüber. Das zeigt zunächst die deutlich zunehmende Zahl an Flüchtlingen. Nach Einschätzung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) ist Spanien das neue Hauptziel der Migrationsbewegung nach Europa. Bis Mitte Juli seien 18 000 Menschen über die westliche Mittelmeer-Route angekommen, nicht gerechnet die fast 3000 Migranten, die versuchten, in die spanischen Enklaven Melilla und Ceuta in Nordafrika zu gelangen. Damit habe sich 2018 die Zahl der Flüchtlinge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum fast verdreifacht und übertreffe die Zahlen der Flüchtlinge in Italien und Griechenland.

Spanien ist allerdings auch eines der Länder, die sich dem Begehren deutscher Politik ausgesetzt sehen, Flüchtlinge zurückzunehmen. Anders als Österreich, Italien oder Griechenland erfüllte Spanien nun offenbar ohne Zaudern den Wunsch, sich per Vertrag zur Rücknahme von Migranten zu verpflichten, die an der Grenze aufgehalten werden und bei denen sich herausstellt, dass sie bereits in Spanien einen Asylantrag gestellt haben. Nach nur 48 Stunden sollen sie zurückgeschickt werden dürfen. Für Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) rückt damit die Erfüllung eines Punktes in seinem »Masterplan Integration« näher - nämlich Flüchtlinge schon an der österreichischen Grenze aufzuhalten. Die Menschen sollten von der Bundespolizei festgehalten werden, heißt es.

Den Begriff der »Transitzentren« verwendet niemand mehr, weil die SPD ihn nicht akzeptierte, das rechtliche Problem bleibt aber - nun unter zustimmender Duldung der SPD. Dass nämlich ein rechtskonformes Verfahren jedem Flüchtling zusteht, der ein Land der EU erreicht. Das gilt auch für Deutschland. Und selbst wenn dieses damit endet, dass ein Migrant in das für ihn zuständige Land zurückgeschickt wird, um dort sein Asylverfahren zu durchlaufen, muss dies nach bestimmten Normen und Regeln festgestellt werden. Seehofer scheint darauf zu bauen, dass Asylbewerber, die ihre Rechte nicht kennen und sie nicht geltend machen, unterhalb des rechtsstaatlichen Radars zurückgewiesen werden können. Rechtlich gesehen sei dann noch gar keine Einreise nach Deutschland erfolgt, argumentiert der Minister.

Dabei handelt es sich um eine überschaubare Zahl von Menschen, die den CSU-Politiker zu seinem zweifelhaften Schritt veranlassen. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres wurden an der österreichisch-bayerischen Grenze knapp 5000 Personen als »unerlaubt eingereist« registriert. Von 46 000 Menschen im Jahr spricht Seehofer, die bundesweit als bereits in anderen EU-Staaten registriert festgestellt werden. Auch Spaniens Bereitschaft zur Rücknahme von Flüchtlingen mag sich damit erklären, dass die Zahl der aus Spanien kommenden Flüchtlinge an der österreichisch-deutschen Grenze irrelevant ist. Italien und Griechenland jedenfalls beugen sich Seehofers Wunsch bisher nicht. Mit Österreich existiert kein Vertrag, Flüchtlinge nähme das Land aber trotzdem zurück, teilte das Innenministerium mit. Mit Agenturen

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