Befristung zur »Erprobung« ist nur eingeschränkt möglich

BAG-Urteil zu Befristung eines Arbeitsverhältnisses

  • Lesedauer: 3 Min.

Das geht aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Az. 7 AZR 712/15) hervor. Ist ein Arbeitnehmer bereits ohne sachlichen Grund befristet beschäftigt worden, sei danach eine erneute Befristung mit dem Sachgrund der Erprobung grundsätzlich nicht mehr möglich, entschied das BAG.

Streit ums Arbeitszeugnis
Arbeitnehmer können kein ungeknicktes und ungetackertes Arbeitszeugnis beanspruchen. Es müsse lediglich gewährleistet sein, dass die Knicke auf der Kopie nicht sichtbar sind. Das entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz (Az. 5 Sa 314/17). Knicke und Heftklammern stellten auch keine »Geheimzeichen« für andere Arbeitgeber dar.

Geklagt hatte ein 46-jähriger Vertriebsdisponent einer Leiharbeitsfirma aus dem Raum Mainz. Dieser hatte zum 30. November 2015 ordentlich gekündigt. Mit seinem vom Arbeitgeber ausgestellten Arbeitszeugnis war er nicht einverstanden. Er rügte nicht nur einige Formulierungen, sondern auch, dass das Arbeitszeugnis geknickt und mit einer Heftklammer getackert war.

Vor dem Arbeitsgericht konnte er zwar einige Änderungen bei den Formulierungen durchsetzen. Knicke und Heftklammer seien aber zulässig.

Dem folgte nun auch das LAG. Einen Anspruch auf ein ungeknicktes Arbeitszeugnis gebe es nicht. Wichtig sei lediglich, dass das Arbeitszeugnis »kopierfähig sei und sich die Knicke auf der Kopie nicht abzeichneten. Der Arbeitgeber habe zudem das Zeugnis in einem DIN-A4-Umschlag verschickt, so dass offenbar der Postbote das Zeugnis beim Einstecken in den Briefkasten geknickt habe.

Das LAG verwies zudem auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 1999. Danach dürfen Arbeitszeugnisse zweimal gefaltet werden, damit sie in einen üblichen Geschäftsbriefumschlag passen. epd/nd

Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz können Arbeitsverhältnisse ohne sachlichen Grund bis zu zwei Jahre befristet werden. Liegt dagegen ein sachlicher Grund vor, ist immer wieder ein neues befristetes Arbeitsverhältnis möglich, beispielsweise bei Schwangerschafts- und Krankheitsvertretungen oder wenn absehbar ist, dass die vereinbarten Arbeitsaufgaben im Betrieb nur vorübergehend anfallen. Nach dem Gesetz kann ein sachlicher Grund auch vorliegen, wenn »die Befristung zur Erprobung erfolgt«.

Im vorliegenden Streitfall war die Klägerin als Musikerin in einem bayerischen Staatsorchester zweimal ohne sachlichen Grund befristet eingestellt worden. Als die Frau dann eine reguläre Planstelle als Violinistin erhielt, wurde sie erneut befristet eingestellt, diesmal allerdings mit dem Grund der »Erprobung«.

Nach den geltenden Tarifbestimmungen kann das Arbeitsverhältnis dann bis zu 18 Monate befristet werden. Doch als das Ende der Befristung nahte, sollte sie nicht übernommen werden. Die Musikerin klagte und verlangte ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Der Befristungsgrund der »Erprobung« sei nicht gerechtfertigt gewesen, so die Frau. Denn der Arbeitgeber habe ihre Fertigkeiten in den vorherigen befristeten Arbeitsverhältnissen bereits erproben können.

Dem folgte auch das BAG. In der Regel reiche - abhängig von der Art der Beschäftigung - eine sechsmonatige Probezeit sowieso aus, um die Profilierung eines Beschäftigten zu prüfen. Ein zur »Erprobung« befristeter Arbeitsvertrag komme damit nur eingeschränkt infrage. In einem Orchester sei es allerdings zulässig, dass zur »Erprobung« Musiker bis zu 18 Monate befristet beschäftigt werden. Im entschiedenen Fall habe der Arbeitgeber bereits vorher 16,5 Monate Zeit zur Prüfung der Fähigkeiten der Violinistin gehabt.

Gibt es einen konkreten Grund für befristete Arbeitsverträge, können diese nach dem Gesetz über viele Jahre immer wieder neu befristet werden. Doch auch hier gibt es nach einem Urteil des BAG vom 8. Juni 2016 (Az. 7 AZR 259/14) irgendwann Grenzen. So können Kettenbefristungen von wissenschaftlichen Mitarbeitern an Hochschulen unzulässig sein, wenn sie immer mit zeitlich begrenzten drittmittelfinanzierten Forschungsvorhaben begründet werden und über viele Jahre andauern. Zumindest ein 22 Jahre dauerndes, fortlaufend befristetes Beschäftigungsverhältnis deute auf einen »institutionellen Rechtsmissbrauch« hin.

Bei befristeten Jobs ohne sachlichen Grund ist nach dem Gesetz eigentlich nach zwei Jahren Schluss. Allerdings dürfen Tarifverträge aufeinanderfolgende Befristungen von Arbeitsverträgen ohne konkreten sachlichen Grund bis zu neunmal hintereinander und bis zu einer Gesamtdauer von sechs Jahren befristen, hatte das BAG am 26. Oktober 2016 (Az. 7 AZR 140/15) in einem weiteren Fall geurteilt.

Unternehmen dürfen einen dauerhaften Arbeitsbedarf aber nicht mit kettenweise befristeten Verträgen abdecken. Das gilt auch für öffentliche Einrichtungen mit einer unzureichenden Zahl an Planstellen, urteilte am 14. September 2016 der Europäische Gerichtshof (Az. C-16/15). Danach kann »ein struktureller Mangel an Planstellen« Kettenbefristungen nicht rechtfertigen, befanden die Luxemburger Richter im Fall einer spanischen Krankenschwester. Die Befristung wegen eines konjunkturbedingten oder anderweitig vorübergehenden Bedarfs sei aber zulässig, hieß es in der Urteilsbegründung des EuGH. epd/nd

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