Sittenwidrig, aber üblich

Uwe Kalbe über das Urteil des BGH zu Schönheitsreparaturen

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 1 Min.

Was viele Mieter irritieren dürfte, ist der Buchstabe des Gesetzes: »Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten.« Der Vermieter hat diese Pflicht, nicht der Mieter. Dass Vermieter Mietern Pflichten auferlegen, die sie eigentlich selbst zu erfüllen haben, zeigt die Anfälligkeit für eine Verwahrlosung der Sitten im Angesicht absehbarer Profite. Von Waffengleichheit zwischen Mieter und Vermieter kann schon lange nicht die Rede sein. Doch wachsende Wohnraumknappheit ist hier ein zusätzlicher Moralkiller.

Zugleich ist mit dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom Mittwoch bestätigt, dass Widerstand sich lohnt. Der Vermieter wollte im behandelten Fall eine Absprache des Mieters mit dem Vormieter nutzen. Die Renovierung, zu der sich der Mieter beim Einzug verpflichtet hatte, verrechnete der Vermieter still zu seinen Gunsten. Weil die Renovierung gar nicht erfolgte, sollte der Mieter nun wegen seines vermeintlichen Versäumnisses beim Auszug »büßen«. Doch der Vermieter hat ja keinen Nachteil erlitten. Wieso hatte er trotzdem geklagt? Weil er meinte, Recht auf einen Zusatzgewinn zu haben, die Kostenerstattung für die Renovierung. Verwahrlosung der Sitten - wie viele Vermieter werden nun Schlüsse aus dem Urteil ziehen?

Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.