Mord an Donezker Separatistenchef

Moskau legt nach Anschlag gegen Sachartschenko Friedensplan für Ostukraine auf Eis

  • Axel Eichholz, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.

Eine heftige Explosion hat die Hauptstadt der selbst ernannten Donezker Republik am Freitag gegen 17 Uhr Ortszeit erschüttert. Sie ereignete sich just in dem Moment, als der Republikchef Alexander Sacharstartschenko das »Café Separ« betrat. Ein Leibwächter, der vorausging, war auf der Stelle tot. Sachartschenko starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Außerdem wurden elf Personen verletzt, zum Teil schwer. Der oder die Sprengkörper waren in den Leuchten untergebracht und wurden durch einen Telefonanruf von außen gezündet. Das Lokal wurde durch die Detonation total verwüstet. Nur mächtige Granitsäulen blieben stehen.

Die Donezker Führung beschuldigte Kiew beschuldigt, hinter dem Anschlag zu stehen. Auch der russische Präsident Wladimir Putin sprach in einem Telegramm von der »Kiewer Spur«. »Diejenigen, die den Weg des Terrors, der Gewalt und der Einschüchterung gewählt haben, wollen keine friedliche politische Lösung«, heißt es darin unter anderem.

Kiew weist alle Anschuldigungen zurück. Sachartschenkos Tod sei eine Folge von internen Auseinandersetzungen in der selbst ernannten Republik. Einige ukrainische Politiker gaben die Schuld an dem Anschlag Moskau, das von dem eigenwilligen Separatisten Sachartschenko angeblich »genug hatte«. Wie auch immer - ohne Insider wäre es nicht möglich gewesen, den Raum zu verminen. Das Separatistencafé (daher der Name »Separ«) gehört angeblich dem Sicherheitschef Sachartschenkos und wurde aufs Strengste bewacht. Es liegt neben seiner Residenz und nur 400 Meter vom Stabsquartier der OSZE entfernt.

In Donezk wurde nach der Explosion sofort der Ausnahmezustand verhängt. Panzer fahren durch die Straßen. Mutmaßliche Terroristen wurden gefasst. Sie sollen bereits gestanden haben, den Mordauftrag aus Kiew bekommen zu haben. Eine dreitägige Staatstrauer wurde ausgerufen. In dieser Zeit ist es nicht möglich, die Republik zu verlassen.

Am Sonntag nahmen Zehntausende von dem Toten Abschied. Eine kilometerlange Menschenschlange führte zum Haus, wo er aufgebahrt war. Denis Puschilin, Vorsitzender des Volksrates der Republik und Donezker Vertreter bei den Minsker Gesprächen, kündigte Rache an. Viele befürchten das Ende der Minsker Vereinbarungen. Experten glauben, dass es darauf ankomme, ob sich die Lage an der Linie zwischen den Separatistentruppen und der ukrainischen Armee zuspitzen wird. Der russische Außenminister Sergej Lawrow schloss zunächst ein Treffen im »Normandie-Format« (Russland, Ukraine, Deutschland, Frankreich) aus.

Was aus der Separatistenrepublik wird, hänge nun davon ab, wer hinter dem Anschlag stand, schreibt der russische Politologe Nikolai Swanidse. Es gebe nur drei Möglichkeiten: Erstens die Ukraine, wie es Donezk und Moskau behaupten. Wozu Kiew aber den Vorfall braucht, sei unklar, weil Sachartschenko politisch unbedeutend war. Alles werde in Moskau entschieden. Zweitens Russland, wo man Gerüchten zufolge mit Sachartschenko unzufrieden war. Doch warum sollte Moskau ihn umbringen lassen, um einen Mann seiner Wahl einzusetzen? Bereits 2014 wurde der damalige Anführer Igor Strelkow nach Russland zurückgerufen und durch den ortsansässigen Sachartschenko ersetzt. Die dritte Variante, interne Auseinandersetzungen in der »Donezker Volksrepublik«, erscheine da am glaubwürdigsten, so Swanidse. Wenn es Kiew oder Moskau es auf eine neue Offensive absehen würden, hätten sie ohne einen spektakulären Mord auskommen können.

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