Röttgen kritisiert Syrien-Politik der EU

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses kritisiert, dass die Europäer keine eigenständige Nahost-Politik verfolgen. Er plädiert für militärische Präsenz in der Region.

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), hat der EU ein Scheitern in der Syrien-Politik attestiert. »Europa hat in Syrien auf ganzer Linie versagt«, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland am Donnerstag. Die Europäer seien »zum diplomatischen Bettler geworden«, weil ihnen eine abgestimmte Nahost-Politik fehle.

Dies zeige sich schmerzhaft an der befürchteten Militäroffensive der syrischen Regierung in der Rebellenhochburg Idlib: »Wir müssen jetzt Russland, den Iran und Assad darum bitten, nicht wieder das zu tun, was sie schon die ganze Zeit getan haben«, sagte Röttgen. »Und wir wissen eigentlich genau, dass sie unserer Bitte nicht Folge leisten werden.«

Röttgen äußerte weiter: »Wir erleben einen politischen und moralischen Tiefpunkt, ausgelöst durch das Nichtvorhandensein einer europäischen Politik im Mittleren Osten.« Europa habe »zwar eine große Zahl an Flüchtlingen aufgenommen, aber an den Umständen vor Ort haben wir nichts geändert, und wir schaffen auch keine Strukturen, um das künftig zu tun«.

Im Deutschlandfunk plädierte der CDU-Politiker zudem für eine stärkeren militärischen Einsatz im Nahen und Mittleren Osten. Die Region müsse umfassend stabilisiert werden, so Röttgen. Dazu gehöre neben dem Aufbau des Staates und der Wirtschaft auch »militärische Präsenz, um Strukturen zu schützen«, sagte er. »Das ist überhaupt alles nicht nur militärisch zu lösen, aber ohne militärische Fähigkeiten und Komponenten geht es in dieser Region nicht.«

Bei einer militärischen Offensive der syrischen Regierung in Idlib erwartet Röttgen eine menschliche Tragödie ungeahnten Ausmaßes: »In Idlib droht die größte humanitäre Katastrophe des gesamten Syrien-Krieges«, sagte er und wirft Russland, Iran und der syrischen Regierung Rücksichtslosigkeit vor: »Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass das syrische Regime, Russland und Iran ausgesprochen brutal und ohne jegliche Rücksicht auf Zivilisten bei der Rückeroberung der Gebiete vorgegangen sind.«

Idlib ist Zufluchtsort für Zivilisten und Milizionäre geworden. Das reicht von den Resten der oppositionellen Freien Syrischen Armee bis zu dem kaum überschaubaren Geflecht islamisch-fundamentalistischer Milizen, von denen sich jetzt in Idlib offenbar die militantesten zum »Komitee zur Befreiung der Levante« zusammengeschlossen haben. Agenturen/nd

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