Lohndumping im Landtag

Niedersachsen: Sicherheitsleute des Parlaments werden von einer Billigfirma bezahlt

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Fordern gerechter Löhne gehört nach landläufiger Meinung einfach zur Grundtugenden sozialdemokratischer Politik, und auch die CDU will da nicht zurückstehen. Zumindest in ihrem 2017 postulierten Programm schreibt sie: »Wir wollen, dass es für alle Menschen in Niedersachsen gerecht und fair zugeht - guter Lohn für gute Arbeit«. Und sinngemäß ertönt das auch in Hannovers Plenarsaal, wenn sich Unternehmen um eine angemessene Bezahlung ihrer Beschäftigten herumdrücken wollen. Doch offenbar knausern Parlamentarier höchstselbst bei der Entlohnung von Teilen des Personals im Landtagsgebäude.

Die Frauen und Männer, die dort Sicherheitsdienst verrichten, sind nicht beim Land angestellt. Sie gehören nicht - wie früher einmal - zum öffentlichen Dienst, sondern zu einer Privatfirma. Diese berechnet der Landtagsverwaltung die eingesetzten Kräfte, zahlt denen aber laut Gewerkschaft ver.di weniger Geld als ihnen das Land Niedersachsen laut Landestarif monatlich überweisen müsste.

Dazu kommt: Durch den Wechsel der Verwaltung zu einer anderen Bewachungsfirma bekommen die Sicherheitsleute laut Gewerkschaft nun nur noch elf Euro pro Stunde, vorher habe der Stundensatz bei 13 Euro gelegen. Diese Entwicklung sei darauf zurückzuführen, dass »mit dem neuen Dienstleister zahlreiche Zulagen wegfallen«, erklärte ver.di-Sprecher Matthias Büschking auf Anfrage.

»Dass sich ausgerechnet bei der Bewachung des Niedersächsischen Landtags die Arbeitsbedingungen nach dem Anbieterwechsel so sehr verschlechtern, halten wir für ein Ding der Unmöglichkeit«, so der Gewerkschafter gegenüber »nd«. Abgesehen davon, dass es dem Landtag gut zu Gesicht stünde, sich von Angestellten des öffentlichen Dienst bewachen zu lassen, müsse jetzt mindestens schnell dafür gesorgt werden, dass die Mitarbeitenden wieder fair und gut bezahlt werden. »Wenn Politiker im Landtag von guter Arbeit reden, muss das auch für die gelten, die sie draußen bewachen«, unterstreicht Büschking.

Wie viel die Sicherheitskräfte als Angestellte des Landes verdienen würden, sei »aufgrund der verschiedenen Qualifikationen« unterschiedlich. Im Schnitt würde es etwa 30 Prozent mehr Geld sein als beim privaten Arbeitgeber. Darüber hinaus würden den Beschäftigten die gleichen Vorteile zuteil wie allen anderen Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes, vor allem durch einen sicheren Job und gute Sozialleistungen. Die Landeskasse, das habe ver.di errechnet, würde durch den Wechsel jener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ein öffentliches Dienstverhältnis um rund 750 000 Euro jährlich mehr belastet.

»Das halten wir in einer Zeit, in der Festtagsstimmung in der Wirtschaft ist und die Steuern sprudeln, für absolut angemessen«, hebt Matthias Büschking hervor. Doch das Landtagspräsidium habe zum Bedauern der Gewerkschaft mit den Stimmen der Großen Koalition auf Empfehlung der Landtagsverwaltung beschlossen: Die Sicherheitsleute werden zurzeit nicht in den öffentlichen Dienst zurück geholt.

Das zu tun, hatte jedoch noch vor der Landtagswahl 2017 und dem ihr folgenden Wechsel zu Rot-Schwarz die rot-grüne Landesregierung versprochen. Und dieses Versprechen müsse eingelöst werden, fordert Meta Janssen-Kucz, Landtagsabgeordnete der Grünen. Sie betont: »Der Landtag hat in Sachen ›Gute Arbeit‹ eine Vorbildfunktion. Ansonsten wird die Politik unglaubwürdig, wenn sie von Firmen in Niedersachsen faire Arbeitsbedingungen einfordert.«

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