Schlechte Zeit für Vereine

Mitgliedersuche in ländlichen Regionen Sachsens immer schwerer

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Dresden. Vom Sport bis zur Hilfe in Notlagen - vor allem in ländlichen Gebieten Sachsens kämpfen einer Studie des Stifterverbandes in Berlin zufolge immer mehr gemeinnützige Vereine ums Überleben. In den Gemeinden und kleinen Städten werde es zunehmend schwer, engagierte Mitglieder zu gewinnen, heißt es. So kämen etwa in Nordsachsen und dem Kreis Leipzig zwischen 2006 und 2016 auf 100 Vereine mindestens 14, die aus den Vereinsregistern gelöscht wurden.

Den Angaben zufolge sind im gleichen Zeitraum bundesweit 15 500 Vereine aufgelöst worden. In ländlichen Regionen kämpfe fast jeder vierte Verein mit Mitgliederrückgang, heißt es. In den Städten sei dieser weitaus geringer. Vor allem in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt sei der Bestand von Vereinen in Gefahr. Laut Staatskanzlei gibt es in Sachsen fast 30 000 Vereine. Das sind dem Stifterverband zufolge 4,9 Prozent aller Vereine in Deutschland und 7,3 je 1000 Einwohner.

Obwohl die Zahl der Sportvereine in Sachsen seit 2015 von 4511 auf 4460 zurückgegangen ist, will der Landessportbund nicht von einem Vereinssterben sprechen. Der Rückgang habe verschiedene Ursachen, sagt Christian Schricker vom Landesportbund. »Im Sinne einer zukunftsfähigen Entwicklung ist es teilweise sogar erstrebenswert, dass kleine Vereine fusionieren und sich zu größeren Einheiten zusammenschließen.« Nur vier Prozent der Vereine hätten mehr als 500, jedoch mehr als 81 Prozent weniger als 200 Mitglieder. Es werde vor allem schwerer, für Vorsitz oder Schatzmeister engagierte Mitglieder zu finden, so Schricker. Aber auch dafür könne möglicherweise die Fusion kleinerer Sportvereine eine Lösung sein.

Bei Laienchören spiegeln sich laut dem Chorverband Sachsen die demografischen und urbanen Veränderungen wider, sagt der Sprecher des Verbandes Sachsen, Uwe Winkler. »Viele junge Menschen ziehen in die sächsischen Metropolen und deren Speckgürtel oder müssen zu ihren Arbeitsplätzen pendeln.« Auftritte und Konzerte zumeist an Wochenenden seien oft für junge Menschen mit Arbeit und Karriere schwer in Einklang zu bringen. Aktuell zählt der Verband 270 Chöre mit etwa 8500 Sängern. Vor allem wegen Überalterung und Rückgang der Mitgliederzahl hätten in den letzten beiden Jahren 13 Chöre den Verband verlassen. Hinzu kämen chorinterne Dinge wie fehlende Nachwuchsgewinnung oder Repertoirefragen. Weitere Ursache sei die kulturelle Entwicklung im Freistaat. »Schon in Kindergärten und Schulen wird zu wenig gesungen.« Viele Schulen seien auf den naturwissenschaftlichen und technischen Bereich orientiert. Bei kulturell-musischen und sportlichen Fächern werde gekürzt. Die Entwicklung auf dem Land und in Großstädten - vor allem Dresden und Leipzig - sei oft gegenläufig. Dort würden auch junge Chöre gegründet, meist im Bereich Jazz, Pop und eben Jugendchöre.

180 Mitgliedsvereine zählt der Verband Sächsischer Carneval. »In den vergangenen zehn Jahren haben uns 21 Vereine verlassen, aber 18 sind neu hinzugekommen«, sagt Verbandssprecher Michael Rohde. Zudem gebe es noch mindestens 90 bis 100 Vereine, die nicht Mitglied seien. Insofern könne von einem Vereinssterben bei Karnevalisten keine Rede sein. In den ländlichen Räumen seien es oft diese Gruppen, die die Kultur dort am Leben erhielten. dpa/nd

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