Altmaiers Kriegsbotschaft

Saudi-Arabien und Katar töten in Jemen - und erhalten weiter Waffen aus Deutschland

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Fall Maaßen sorgt hierzulande gerade für eine erregte Debatte über die Glaubwürdigkeit der Politik. Auf dem Feld der Waffenexporte hat sie die längst verloren. Das jüngste Schreiben von Wirtschaftsminister Peter Altmaier an den Wirtschaftsausschuss des Bundestags bestätigt das nur. Danach hat die Regierung erneut Waffenexporte in Golfstaaten und weitere Länder der Nahost-Region genehmigt - obwohl Union und SPD im Koalitionsvertrag doch Rüstungslieferungen an Staaten ausgeschlossen haben, die wie die von Riad geführte Militärallianz am Jemen-Krieg beteiligt sind. Und nun: Vier Artillerie-Ortungssysteme, die zugleich präzise Gegenschläge ermöglichen können, für Saudi-Arabien, und nach Katar gehen 170 Gefechtsköpfe und Triebwerke für Luft-Luft-Raketen des Typs Meteor. Zudem zahlt Kairo für sieben Luftverteidigungssysteme mit der Rakete Iris-T SLM aus der Waffenschmiede Diehl und Amman für 385 tragbare Panzerabwehrwaffen von Dynamit Nobel. Auch Ägypten und Jordanien liegen in einem der weltweit gefährlichsten Spannungsgebiete. Zudem wirft die Menschenrechtslage in all diesen Empfängerländern zusätzliche Fragen auf.

Experten des UN-Menschenrechtsrats haben Saudi-Arabien und seinen Verbündeten Ende August in einem offiziellen Report »Kriegsverbrechen« in Jemen vorgeworfen. Sie riefen zugleich dazu auf, die Seeblockade des von Hunger und Cholera geplagten bitterarmen Landes endlich zu beenden. Wie Recherchen ergaben, waren von Deutschland gelieferte Kriegsschiffe zeitweise in denselben Häfen stationiert, in denen offenkundig auch Schiffe mit zivilen Lieferungen für Jemen festgehalten wurden - was nahelegt, dass sie damit auch zur international geächteten Seeblockade beitragen.

Trotzdem erlaubt die schwarz-rote Koalition in Berlin die Lieferung von weiteren Patrouillenbooten der Lürssen-Werft aus Wolgast an Saudi-Arabien. Dabei werden die »Al Mujmaah« und die »Damad« von Berlin offiziell als Kriegswaffen eingestuft. So darf man erneut bezweifeln, dass es den Bundesregierungen ernst ist mit den selbst verkündeten Prinzipien. Laut Artikel 6 des Kriegswaffenkontrollgesetzes kann eine Exporterlaubnis versagt werden, wenn »die Gefahr besteht, dass die Kriegswaffen bei einer friedensstörenden Handlung, insbesondere bei einem Angriffskrieg, verwendet werden«.

Das entspricht auch den Vorgaben des von Deutschland 2014 ratifizierten internationalen Waffenhandelsabkommens (ATT). Und frühere Genehmigungen, auf die sich die Bundesregierung auch jetzt wieder beruft, könnten nach Artikel 7 des nationalen Gesetzes durchaus »jederzeit widerrufen werden«. In den 2000 verabschiedeten »Politischen Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern« heißt es zudem, Bewilligungen sollten »grundsätzlich nicht erteilt« werden, »wenn hinreichender Verdacht besteht, dass diese zur internen Repression« oder zu »systematischen Menschenrechtsverletzungen missbraucht« werden.

Zu alldem hat sich die Bundesrepublik auch im Gemeinsamen Standpunkt des EU-Rats verpflichtet, laut dem Rüstungsexporte zu verweigern sind, wenn eindeutig das Risiko besteht, dass die Waffen zur internen Repression oder für »schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht« verwendet werden. Doch geht es um geostrategische Interessen und die Unterstützung deutscher Waffenschmieden, dann ist das offensichtlich nur noch Makulatur. Auch die inzwischen versprochenen Kontrollen von Waffenwegen im Ausland fallen bislang überaus dürftig aus.

In Rom hat sich jetzt Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta für eine Überprüfung der Exporte nach Saudi-Arabien ausgesprochen. Zuletzt gab es immer wieder Berichte, wonach in Jemen Waffen der italienischen Tochterfirma der deutschen Rheinmetall eingesetzt worden sein sollen. Menschenrechtsorganisationen haben deshalb Strafanzeige gegen RWM Italia gestellt.

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