Militarist
Personalie
Es gibt einige Themen, von denen sich Japanerinnen und Japaner wünschen, dass sich ihre Regierung ihrer annimmt: Bei Umfragen landen Arbeitsmarktreformen, die Benachteiligung von Frauen, der Fachkräftemangel und Investitionen auf den vorderen Plätzen. Die Abkehr von der pazifistischen Verfassung des Landes sehen hingegen nur acht Prozent der Bevölkerung als ein dringendes Thema an, so die japanische Zeitung »Asahi« vor Kurzem. Für Premierminister Shinzō Abe ist sie hingegen das wichtigste Ziel. Eine japanische Armee soll sein Vermächtnis werden.
Mit 70 Prozent der Stimmen wurde Abe am Donnerstag als Vorsitzender seiner Liberaldemokratischen Partei bestätigt. Erst im Frühjahr hatte die Partei die Regularien geändert und so Abe eine vierte Amtszeit ermöglicht. Da in Japan traditionell der Parteivorsitzende der Regierungspartei auch Premierminister ist, kann der 63-Jährige somit die volle Legislaturperiode das Amt innehalten. Abe dürfte so der am längsten regierende Premier in der Geschichte Japans werden.
Schon während seiner ersten Amtszeit von 2006 bis 2007 - mit 52 Jahren wurde er damals jüngster Premier Japans - versuchte sich Abe an der Verfassungsänderung. Der Premier stammt aus einer Politikerfamilie, sein Vater war japanischer Außenminister, sein Opa Abgeordneter. Abe selbst gab einmal an, dass es die Kriegsverbrechervorwürfe gegen seinen Uropa gewesen waren, der als General in der kaiserlichen Armee diente, die ihn in seinen konservativen Überzeugungen festigten. Abes Opa mütterlicherseits war der frühere Premier Nobusuke Kishi, der von 1957 bis 1960 im Amt eine antikommunistische Politik betrieb.
Abe ist vor allem wegen seines radikalen Wirtschaftsprogramms »Abenomics« berüchtigt, mit dem er seit Beginn seiner zweiten Amtszeit 2012 mit einer Geldschwemme und Deregulierungen die mehr als zwei Jahrzehnte anhaltende Wirtschaftskrise durchbrechen will. Davon kommt beim Gros der Bevölkerung nur wenig an. Das ist für Abe aber auch zweitrangig, solange Japan unternehmerfreundlich und gut gerüstet ist.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.