Entlassung war konsequent

Johanna Treblin über den Wechsel der Leitung der Gedenkstätte

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Reaktionen auf die Entlassung von Hubertus Knabe waren einigermaßen vorhersehbar: Die FDP hält die Kündigung für politisch motiviert, die AfD schwadroniert gar von einer »kommunistischen Säuberungsaktion« - als hielte der grausame stalinistische Moskauer Terror vom Ende der 1930er-Jahre nun Einzug in Berlin. Was für ein Unsinn. Der schiefe historische Vergleich geht am Kern der Debatte vorbei.

Aber wen wundert es, dass bei Vertretern dieser rechten Parteien immer noch nicht angekommen ist, dass die Ära, in der sexistische Übergriffe einfach so hingenommen werden, sich langsam ihrem Ende entgegen neigt? Wer nicht gleich »niemand« antwortet, dem sei ein Blick ins Plenum des Abgeordnetenhauses empfohlen: Auf der rechten Seite des Parlaments sitzen in den Reihen der Opposition fast ausschließlich Männer, die häufig durch unangenehmes Pöbeln auffallen.

Da ist selbst der Hauptbeschuldigte einsichtiger. Der Anwalt des Knabe-Stellvertreters Helmut Frauendorfer, dem ehemalige Mitarbeiterinnen eben solche sexuellen Übergriffe vorgeworfen hatten, hat längst »Fehlverhalten« eingeräumt. Und auch der nun ebenfalls geschasste Knabe wusste beizeiten über die Vorwürfe gegen seinen Stellvertreter Bescheid.

Natürlich muss nun aufgearbeitet und geprüft werden, was genau dem Gedenkstättenchef vorzuhalten ist. Der Stiftungsrat begründete die Kündigung und Freistellung Knabes allerdings nicht damit, ihm selbst seien sexuelle Übergriffe vorzuwerfen oder er habe solche vertuscht. Stattdessen hieß es, es fehle das Vertrauen, dass Knabe »den dringend notwendigen Kulturwandel in der Stiftung einleiten wird, geschweige denn einen solchen glaubhaft vertreten kann«.

Und das ist offensichtlich. Wenn schon nicht alle Mitarbeiter von sich aus wissen, wie man sich anständig verhält, hätte der Chef zumindest dafür sorgen müssen, dass allen klar wird, dass anzügliche Sprüche, unangebrachte Berührungen und Ähnliches am Arbeitsplatz nicht geduldet werden. Das aber hat er versäumt. Die Entscheidung, ihn seines Amtes zu entheben, war deshalb richtig und konsequent.

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