Ver.di siegt in zweiter Instanz
Oberverwaltungsgericht bestätigt Verbot der Sonntagsöffnung / Grundsatzverfahren wird erwartet
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hat am Mittwoch das erstinstanzliche Urteil bestätigt, wonach am kommenden Sonntag die Geschäfte geschlossen bleiben. Anlässlich der Berlin Art Week hatte der Senat den 30. September als verkaufsoffenen Sonntag angesetzt. Dagegen hatte die Gewerkschaft ver.di geklagt. In ähnlichen Verfahren waren Urteile des OVG zuletzt hingegen im Sinne des Senats ausgefallen. Dieser kann bis zu acht verkaufsoffene Sonntage pro Jahr festlegen.
Ver.di hatte bereits Ende vergangenen Jahres gegen drei verkaufsoffene Sonntage in Berlin geklagt. Nachdem das zuständige Verwaltungsgericht den Einsprüchen stattgegeben hatte, revidierte das OVG die entsprechenden Urteile.
Hintergrund ist die Frage, was genau ein »öffentliche Interesse« darstellt, welches von Rechts wegen für die Genehmigung eines verkaufsoffenen Sonntags vorliegen muss.
So hatte das OVG früher in diesem Jahr geurteilt, dass Berlinale, Internationale Tourismus-Börse und Leichtathletik-EM hinreichende Anlässe seien. Bei der Art Week verneinte das Gericht eine »gesamtstädtische Bedeutung«.
Ver.di begrüßte das Urteil. Die Entscheidung sei »ein wichtiges Signal für die Beschäftigten im Einzelhandel«, teilte die Gewerkschaft am Donnerstag mit. Diese arbeiteten »ohnehin hoch flexibel an sechs Werktagen der Woche«.
Bundesweit legt ver.di regelmäßig Widerspruch gegen geplante verkaufsoffene Sonntage ein und ist damit oft erfolgreich. Da vor allem große Unternehmen die Kapazitäten haben, gegebenenfalls sonntags zu öffnen, kritisiert die Gewerkschaft, dass die Sonntagsöffnung diesen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber kleineren Geschäften verschaffen würde.
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) ist enttäuscht. Sie gab zu bedenken, dass am Wochenende viele potenzielle Kunden bereits im Vorfeld der Einheitsfeierlichkeiten anreisen. »Das Hin und Her um den Termin macht außerdem deutlich, dass der Einzelhandel endlich verlässliche Regeln braucht«, erklärte der IHK-Geschäftsführer für Wirtschaft und Politik, Henrik Vagt.
Auch ver.di-Sprecher Andreas Splanemann äußerte sich ähnlich. Er könne sich vorstellen, dass die zuständige Senatorin Elke Breitenbach (LINKE) genauso ein Interesse an klareren Richtlinien habe wie ver.di. Breitenbach war bis 1997 selbst für die Gewerkschaft HBV tätig, die später in ver.di aufging.
»Wichtig ist, dass das Urteil deutlich macht, dass die entsprechenden Gesetze nicht beliebig dehnbar sind. Das Urteil ist ein Schritt zu mehr Rechtsklarheit«, erklärte Splanemann auf nd-Anfrage. Nun blicke ver.di hoffnungsvoll auf das Grundsatzverfahren, welches das »öffentliche Interesse« näher definieren soll. Mit dem Auftakt dazu ist in einigen Monaten zu rechnen.
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