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  • Waldspaziergang im Hambacher Forsst

Zehntausend gegen RWE und Rodung

Im Hambacher Forst gab es am Sonntag Spaziergänge, Kostüme und Bauarbeiten - aber keine Räumungen durch die Polizei

  • Sebastian Weiermann
  • Lesedauer: 3 Min.

10.30 Uhr, Köln, die S-Bahn mit der Nummer 13 in Richtung Düren ist schon voll und an jeder Haltestelle in der Domstadt steigen noch mehr Menschen ein, die in den Hambacher Forst wollen. Seit einigen Wochen findet dort jeden Sonntag ein Waldspaziergang statt. Waldführer Michael Zobel veranstaltet diese Spaziergänge schon seit Jahren. Früher fanden sie monatlich statt, Flora und Fauna des Waldes standen im Mittelpunkt. Heute sind die Spaziergänge vor allem politische Manifestationen. Diesen Sonntag setzen sich weit über 10 000 Menschen in Bewegung.

Von Anfang an dabei war auch Antje Grothus von der Bürgerinitiative »Buirer für Buir«. Sie ist begeistert: »Ich habe vor Monaten gesagt, dass hier eine große Bürgerbewegung entsteht, dann habe ich gewartet und gehofft, dass das wirklich passiert.« Nach dem dritten Spaziergang mit tausenden Teilnehmern ist sich Grothus sicher: »Hier ist eine Bewegung entstanden.« Wichtig sei jetzt, dass sich die Politik, »endlich um die Interessen der Menschen kümmert und nicht länger Interessen von Konzernen durchsetzt.«

Ähnliches sieht das Lisa Badum. Die bayerische Bundestagsabgeordnete ist Sprecherin für Klimapolitik bei den Grünen. Sie habe gerade den Film »Wackersdorf« im Kino gesehen und was sie im Hambacher Forst erlebe, erinnere sie sehr daran. »Es wird Zeit dass sich Angela Merkel in den Konflikt einschaltet. Wenn sie den Braunkohleabbau beenden würde, könnte sie in die Geschichte eingehen«, ist sich Badum sicher.

Während an der einen Ecke des Forsts Tausende demonstrieren, gehen tiefer im Dickicht die Bauarbeiten der Waldbesetzer weiter. Nachdem die Polizei bis Samstagabend insgesamt 77 Baumhäuser geräumt habe, musste sie damit wegen der Protestveranstaltung am Sonntag zunächst aufhören. Unterdessen errichten die Waldbesetzer neue Tripods, also dreibeinige Plattformen, Gräben und Barrikaden aus Baumstämmen. Dabei packen Hunderte Menschen mit an. Auf einer Lichtung neben einer Barrikade spielt eine Jazzband. Ein Pärchen hat sich als Ritter verkleidet und reitet in voller Rüstung durch den Wald, an ihrer »Lanze« eine Fahne mit der Aufschrift »Hambi bleibt!«. Die Ritter sind längst nicht die einzigen verkleideten Menschen. An anderer Stelle treffen Besucher auf »Pan«, den griechischen Gott des Waldes und der Natur, sowie auf einen Waldgeist mit Stelzen, der trällert wie ein Vogel.

Der Protest im Hambacher Forst wächst jedes Wochenende. Gerade aus Köln und Düsseldorf kommen viele Menschen, die sehen wollen, was in diesem Wald, der ständig Thema in den Nachrichten ist, passiert. Viele von ihnen sagen, sie wollten »in diesen schönen Wald« wiederkommen. Für nächsten Samstag haben Umweltverbände zu einer Großdemonstration in das Rheinische Revier aufgerufen. Aus dem ganzen Bundesgebiet sollen Busse hinfahren. Das Aktionsbündnis »Ende Gelände« will sich beteiligen und später mit roten Hängematten im Wald niederlassen.

Auf die Ankündigung der nordrhein-westfälischen Grünen, selbst ihren Landesparteitag im Wald abzuhalten, reagierte am Samstag der Innenminister des Landes, Herbert Reul (CDU). Gegenüber der Rheinischen Post äußerte er Unverständnis und forderte die Partei auf, die Entscheidung zu überdenken. »Sie gießen damit Öl ins Feuer«, so Reul. Er weist darauf hin, dass die Grünen umgekehrt von der Polizei ebenso verlangten, deeskalierend zu wirken.

Die Grünen wollten am 7. Oktober auf einem Grundstück des Umweltverbandes BUND an der Abbaukante des benachbarten Tagebaus zusammenkommen. Mit Agenturen

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