Alles drin

Die Hochzeitskapelle

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 2 Min.

Angeblich heißt die Hochzeitskapelle deswegen Hochzeitskapelle, weil sie sich einst, vor ungefähr sechs Jahren, tatsächlich spontan nur zu dem Zweck zusammengefunden hat, um für die musikalische Untermalung einer Hochzeitszeremonie zu sorgen. Die Begleitmusik zur Hochzeit muss seinerzeit von den Beteiligten wohl als gelungen empfunden worden sein. Denn danach ist man dann der Einfachheit halber als Band zusammengeblieben.

Und wie bei aller guten, originellen, kitschfreien und nur die uneingeschränkte Freiheit als Maßstab anerkennenden Musik, die aus Bayern kommt, ist auch hier das nunmehr seit Jahrzehnten sehr umtriebige Brüderpaar Markus und Micha Acher beteiligt, das traditionell seine Hauptband The Notwist zwischendurch ruhen lässt, um abseitigere bzw. noch weniger lukrative musikalische Projekte zu verfolgen, von welchen eine eben die besagte Hochzeitskapelle ist. Deren Markenzeichen ist ein Sound, in dem nicht nur die elegische Wehmutsposaune mit der waldschratigen Melancholieakustikgitarre und der singenden Säge versöhnt wird, sondern der auch munter unterschiedliche Quellen anzapft: den alten New-Orleans-Jazz, Louisiana-Cajun, die balkanische Rumms- und Rumpelpolka, die traditionelle bayerische Volksmusik, texanischen Country, die Neofolk-Szene, das klassische Chanson sowie den verspielten Kunststudenten-Kammerpop der Jahre vor und nach der Jahrtausendwende. Alles drin im Sound der Hochzeitskapelle. Sie spielt also - wollte man das irgendwie zusammenfassen - eine Art aufrichtige, zarte Volksmusik der Vielstimmigkeit, auch viele Coverversionen darunter; eine Volksmusik, die nicht engherzig, nicht (im abwertenden Sinn des Worts) simpel und nicht völkisch-deutsch sein will und es selbstverständlich auch nicht ist; eine Musik, die einlädt zum sozialen Miteinander und die, erfreulicherweise, doch keine Sekunde lang zum Mitklatschen taugt.

Soeben hat die Gruppe auch mit ihrem Soundtrack für den kürzlich in den Kinos angelaufenen Film »Wackersdorf« auf sich aufmerksam gemacht. Die Stücke ihres neuen Albums »Wayfaring Suite« hat der japanische Indie-Komponist und Gitarrist Takuji Aoyagi (alias Kama Aina) geschrieben, der auf der Platte auch mitmusiziert.

Der Münchner Andreas Staebler (alias »G. Rag«), der ebenfalls zu dieser Clique gehört und nun schon seit zwei Jahrzehnten in diversen Bandprojekten tätig ist, hat übrigens auch gerade ein neues Album draußen. Auf dem spielt er sich mit seinen Gesinnungsgenossen wie gewohnt durch diverse Stile (Tango-Country, Cumbia-Landler, Schunkel-Psychedelic, Mariachi-Walzer), die er sich freimütig angeeignet oder in Heimarbeit selbst zusammengebastelt hat. Wie immer klingt das ebenso erdig-kernig wie luftig-charmant.

Kama Aina & Hochzeitskapelle: »Wayfaring Suite« (Alien Transistor/Gutfeeling)

G. Rag y los hermanos patchekos: »How sweet the Sound« (Gutfeeling)

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