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Was geschah mit Jamal Khashoggi?

  • Oliver Eberhardt
  • Lesedauer: 2 Min.

Was geschah mit Jamal Khashoggi? Der 59-jährige Journalist habe das saudische Konsulat in der türkischen Metropole Istanbul am Dienstag vergangener Woche betreten, um Unterlagen für die Hochzeit zu besorgen, sagt seine türkische Verlobte Hatice Cengiz: »Ich habe Stunden lang vor dem Eingang gewartet, aber er ist nicht wieder heraus gekommen.« Und bei der »Washington Post«, für die er zuletzt als Kolumnist arbeitete, sagen Kollegen, es sei nicht seine Art, einfach zu verschwinden.

Gerade deshalb mache man sich so große Sorgen: Khashoggi interviewte einst mehrmals Osama bin Laden, war Berater des ehemaligen saudischen Geheimdienstchefs und Botschafters in den Vereinigten Staaten, Turki bin Faisal bin Abdulaziz al Saud. Später wurde er dann Chefredakteur der Zeitung »al Watan«, wandelte sich zum Kritiker der radikalen saudischen Auslegung des Islam und des repressiven Regierungsstils von Kronprinz Mohammed bin Salman.

Vom Schlimmsten gehen auch die türkischen Behörden aus: Man habe Aufnahmen von Straßenkameras, auf denen zu sehen ist, wie eine Limousine mit getönten Scheiben das Gelände des Konsulats verlässt, sagt ein Sprecher der türkischen Polizei. Zudem sei »eine Gruppe von Personen« an einem Istanbuler Flughafen eingereist, und habe das Land »bereits nach wenigen Stunden wieder verlassen«, heißt es. In den türkischen Medien, aber auch in der Washington Post, wird derweil - oft unter Berufung auf Mitarbeiter der türkischen Polizei - berichtet Khashoggi sei im Konsulat ermordet worden. Belege gibt es dafür allerdings bislang nicht.

Für die türkische Regierung ist dies indes kein normaler Vermisstenfall: Khashoggi ist ein Freund von Yasin Aktay, Berater von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan. Zudem nimmt man der saudischen Regierung übel, dass sie nichts zur Aufklärung beiträgt: Die Kameras im Konsulat seien außer Betrieb gewesen, heißt es im saudischen Außenministerium. Auch den Zugang zum Konsulat verweigert man den türkischen Behörden.

In Ankara sieht man dies als bewusste Provokation: Die Beziehungen zu Saudi-Arabien sind ohnehin seit langem angespannt. Seit Erdogan die türkischen Beziehungen zu Katar und Iran vertieft, Militärbasen in Katar, in Somalia und im Sudan errichten lässt, herrscht Eiszeit zwischen Riad und Ankara. In Riad wirft man Erdogan »osmanischen Neo-Kolonialismus« vor, er wolle Saudi-Arabien destabilisieren. Ein Sprecher von Kronprinz Mohammad hält der türkischen Regierung zudem vor, nun auch diese Situation für ihre Zwecke »ausschlachten« zu wollen.

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