Ehrgeiziger Ja-Sager
Personalie
Jetzt ist er am Ziel seiner Träume: Dass Christophe Castaner neuer französischer Innenminister werden wollte, war ein offenes Geheimnis. Seit Gérard Colomb Anfang des Monats von diesem Amt zurücktrat, hatte er sich immer wieder zu Themen der Inneren Sicherheit geäußert. Dabei schien der Jurist und Diplomkriminologe einen anderen Weg als den in die Politik einzuschlagen. Mit 18 Jahren verließ der 1966 in der Provence-Kleinstadt Ollioules in einer Offiziersfamilie geborene Castaner Schule und Elternhaus und verdiente sich zwei Jahre lang in Marseille seinen Lebensunterhalt als professioneller Pokerspieler. Er macht kein Geheimnis daraus, dass der später von der Polizei erschossene Bandenchef Christian Oraison sein engster Freund war.
An der Universität Aix-en-Provence und später an der Pariser Politikhochschule Science Po schlug Castaner aber den Weg zum Politiker ein, 1986 trat er in die Sozialistische Partei ein. Für sie wurde er 2001 zum Bürgermeister der kaum 5000 Einwohner zählenden Haute-Provence-Gemeinde Forcalquier gewählt. Erst 2017, nach dem Eintritt in die Regierung des neuen Präsidenten Emmanuel Macron, legte er das Amt nieder. 2012 wurde er in dem Wahlkreis zum PS-Abgeordneten gewählt.
Vier Jahre später verließ Castaner die Sozialisten und schloss sich als einer der ersten Macron und dessen Bewegung En marche an. Im Präsidentschaftswahlkampf war Castaner Macrons Sprecher und wurde nach dessen Sieg Staatssekretär für die Beziehungen zum Parlament. Außerdem war er bis November 2017, als er zum stellvertretenden Vorsitzenden der Bewegung En marche gewählt wurde, auch Sprecher der Regierung. »Castaner ist jemand, der immer Ja sagt«, stichelte einmal ein Mitkämpfer aus dem engeren Kreis um den Präsidenten. »Was würde er nicht alles tun, nur um Macron angenehm zu sein.« Den Ruf des Ja-Sagers will Premierminister Edouard Philippe nicht auf Castaner sitzen lassen. Er nennt ihn lieber einen »Mann für jegliche schwierige Situation oder Herausforderung«.
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