Verwirrende Schreiben der Krankenkassen

Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD)

  • Lesedauer: 3 Min.

Immer mehr Versicherte kontaktieren die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD), weil sie von ihren Kranken- und Pflegekassen aufgefordert werden, einen Widerspruch zurückzunehmen oder darauf hingewiesen werden, ein möglicher Widerspruch habe keine Aussicht auf Erfolg.

Vorschnelle Rücknahme des Widerspruchs nachteilig

Durch dieses Vorgehen - das vom vorgegebenen Verwaltungsweg abweicht - wird häufig die Unwissenheit der Versicherten ausgenutzt. Denn wer vorschnell einer Rücknahme des Widerspruchs zustimmt, verzichtet auf den vorgesehenen Rechtsweg.

Die verwirrende Kommunikation vieler Kassen macht sich bei der UPD bemerkbar: Rund 44 000 Mal erläuterten die Beraterinnen und Berater der Patientenberatung 2017 den Ratsuchenden ihre Rechte gegenüber den gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen - ein deutlicher Anstieg zu den 27 000 Beratungen aus dem Jahr 2016.

Vor allem Ratsuchende, die ohne echten Anlass verwirrende Schreiben ihrer Krankenkasse erhalten, sollten stutzig werden, rät die UPD. »Insbesondere bei Zwischeninformationen für Versicherte sehen wir zunehmend Schreiben, die wie echte Entscheidungen wirken oder die Versicherten zu einer Rückmeldung auffordern, obwohl es dazu überhaupt keinen Grund gibt«, erklärt UPD-Geschäfts führer Thorben Krumwiede. Häufig verfassen die Kassen die Briefe in einer vereinfachten Behördensprache.

Was auf den ersten Blick leicht verständlich daher kommt, verschleiert oft die Möglichkeit, die Klärung im Widerspruchsverfahren abzuwarten - ein solches steht aber jedem Versicherten zu. Wer seine Rechte nicht kennt oder die Rücknahmeaufforderung der Kasse mit dem echten Widerspruchsentscheid verwechselt, fühlt sich schnell gedrängt, auf die weitere Überprüfung der Ansprüche zu verzichten.

BVA: unzulässige Zwischeninformationen dieser Art

Dabei sind Zwischeninformationen dieser Art nach Auffassung des Bundesversicherungsamtes (BVA) unzulässig! Viele Ratsuchende schildern, dass sie von Mitarbeitern der Kranken- und Pflegekassen sogar telefonisch kontaktiert und zur Rücknahme des Widerspruchs aufgefordert wurden.

In einem aktuellen Sonderbericht hat das BVA die Krankenkassen kritisiert und in einem Rundschreiben dazu ermahnt, sich an die Bestimmungen zu halten. Denn Krankenkassen sind zur korrekten Auskunft und Information der Versicherten verpflichtet. Sie dürfen Unsicherheiten der Versicherten über den Verwaltungsrechtsweg nicht zu ihrem Vorteil ausnutzen. »Verharmlosende Schreiben, die die Versicherten nicht eindeutig über ihre Rechte informieren und nach dem Eindruck der Ratsuchenden stattdessen häufig Lösungen anbieten, die für die Kassen günstiger sind, stehen nicht im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben«, so UPD-Geschäftsführer Krumwiede.

Negative Konsequenzen für Versicherte

Betroffene sind sich der Konsequenzen, die eine vorschnelle Rücknahme ihres Antrages oder Widerspruchs nach sich ziehen, häufig nicht bewusst. »Die Kasse muss keine Entscheidung gegen oder zugunsten des Antrags mehr fällen. Außerdem ist dem Versicherten der weitere Verwaltungsweg verbaut, weil der Sachverhalt gar nicht erst zum unabhängigen Widerspruchsausschuss gelangt und so bestandskräftig wird. Deshalb kann der jeweilige Fall auch nicht mehr von einem Gericht überprüft werden«, erläutert Thorben Krumwiede.

Tatsächlich hat jeder Versicherte die Möglichkeit, gegen eine ablehnende Entscheidung innerhalb eines Monats Widerspruch einzulegen. Zudem sind Krankenkassen verpflichtet die Gründe für die Ablehnung mitzuteilen. Durch den Widerspruch beginnt das Widerspruchsverfahren. An dessen Ende steht ein Abhilfebescheid - und damit die Bewilligung der beantragten Leistung - oder ein Widerspruchsbescheid durch erneute Ablehnung.

Gegen einen Widerspruchsbescheid, der eine korrekte Rechtsbehelfsbelehrung enthält, gibt es wiederum die Möglichkeit der Klage innerhalb eines Monats. Fehlt diese Belehrung, kann der Versicherte sogar ein Jahr lang Klage einreichen. UPD/nd

Eine neutrale und kostenfreie Beratung erhalten Betroffene bei der UPD an 80 Stunden in der Woche unter der Telefonnummer (0800) 011 77 22 (montags bis freitags von 8 bis bis 22 Uhr und samstags von 8 bis 18 Uhr). Weitere Infos unter www.patientenberatung.de

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