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Frauen dürfen teuer tragen
Simone Schmollack über den Rolex-Shitstorm gegen eine SPD-Politikerin
Man darf eine Rolex durchaus potthässlich finden. Sie ist potthässlich. Ob aber eine Uhr, die dafür steht, dass diese früher gern Zuhälter und Neureiche getragen haben, den Zustand der SPD beschreibt, ist zweifelhaft. Was soll so ein 7300-Euro-Accessoire über die SPD denn aussagen? Dass die »Partei der kleinen Leute« die kleinen Leute mittlerweile vergessen hat? Das zeigt die SPD nahezu jeden Tag - aber nicht durch das Tragen teurer Uhren.
Eher sagt der Shitstorm-Kübel, der gerade über Sawsan Chebli, Rolex-Trägerin, Sozialdemokratin und Staatssekretärin in Berlin, ausgekippt wird, etwas über jene aus, die die Frau wegen dieser Uhr auf einem vier Jahre alten Porträtfoto kritisieren. Ist es nicht vielmehr so, dass einer Frau nicht zugestanden wird, ihr Geld für teuren Schnickschnack auszugeben? Bislang ist es in diesem Land erlaubt, das leidenschaftlich tun zu können. Auch Frauen dürfen das; die Zeiten, in der sie ihren Mann darum bitten mussten, sind lange vorbei. Und ist es nicht auch so, dass der Besitz von Geld bei Menschen mit Migrationshintergrund erst recht in Frage gestellt wird? Der Shitstorm prangert nicht die soziale Ungerechtigkeit in diesem Land an, er ist rassistisch und frauenfeindlich.
Als sich Gerhard Schröder vor vielen Jahren als damaliger Kanzler wegen seiner Brioni-Anzüge (1800 Euro) rechtfertigen musste, sagte er gelassen: »Die sitzen einfach am besten.« Vielleicht tut das eine Rolex ja auch.
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