Geldsegen ist nicht alles

Martin Kröger über viele Berliner Megaprojekte und deren ausstehende Umsetzung

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Die guten Nachrichten für Berlin rissen in den vergangenen Wochen nicht ab. Rund 600 Millionen Euro will beispielsweise der Siemens-Konzern in ein neues Quartier mit Innovationscampus und Wohnungen in Siemensstadt investieren. Mitte dieser Woche wurde darüber hinaus bekannt, dass das Naturkundemuseum mit sogar über 660 Millionen Euro modernisiert und saniert werden soll. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) war bei beiden Terminen mit stolzer Miene zu sehen. Den Geldsegen für das Naturkundemuseum, dessen Finanzierung sich der Bund und das Land Berlin teilen wollen, verglich der Senatschef gar mit dem Eintritt »in ein neues Zeitalter«. Insgesamt 1,5 Milliarden Euro seien in den vergangenen acht Wochen in den Berliner Wissenschaftsstandort geflossen, so Müller. Neben Naturkundemuseum und Siemens zählt Müller auch die Exzellenz-Initiative für die großen Universitäten dazu, bei denen die Berliner Hochschulen ganz gut absahnten.

Doch damit noch nicht genug. In der nächsten Woche wird der Landesparteitag der Berliner SPD ebenfalls im Zeichen der geöffneten Schatulle stehen. Mit rund einer halben Milliarde Euro will die SPD unter anderem über Zulagen die Gehälter von Beamten anheben. Dagegen ist wenig einzuwenden, da die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes viele Jahre besonders unter den Kürzungen zu leiden hatten. Nun ist ein Parteitagsbeschluss auch nicht gleich Senatspolitik, sondern muss erst vom Senat mit den Koalitionspartnern beschlossen werden. Aber da die Linkspartei auch auf eine Verbesserung der Löhne im Öffentlichen Dienst drängt, ist es wahrscheinlich, dass am Ende ordentlich Geld für die geplanten Verbesserungen fließen wird.

So beeindruckend die finanziellen Mittel sind, die plötzlich unendlich zur Verfügung stehen scheinen, so wenig scheinen die großspurigen Ankündigungen kurzfristig die politische Stimmungslage zu verändern. Wirklich einlullen lassen sich die Berliner nicht von den schönen Versprechungen. Offenbar ist der Geldsegen nicht alles. Zwischen Ankündigung und spürbarer Verbesserung liegen zu lange Zeiträume. Fast zwei Jahre regiert Rot-Rot-Grün in der Hauptstadt, im kommenden Frühjahr ist bereits die Halbzeit der Legislatur. In den Umfragen gibt es innerhalb des linken Blocks zwar Bewegung, so liegen gerade die Grünen an der Spitze, aber insgesamt steht Rot-Rot-Grün stabil da. Um den Zuspruch hochzuhalten, reicht es jedoch auf Dauer nicht aus, nur immer mehr Geld in Aussicht zu stellen. Die Berliner wollen die neuen Fahrradwege sehen, die Entspannung auf dem Wohnungsmarkt spüren und die besser funktioniere Verwaltung selber erfahren. Die Missstände nicht nur zu erkennen, sondern sie auch zu ändern, daran wird das Mitte-links-Bündnis gemessen werden. Und am Ende muss auch der Haushalt stimmen, nicht, dass durch haltlose Versprechungen wieder die Schuldenfalle zuschnappt - damit hat die Hauptstadt in der Vergangenheit genug leidvolle Erfahrungen gemacht.

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