Psychotherapeuten fordern Solidarität

Angehende Psychotherapeuten arbeiten während des Praxisjahrs unter miesen Bedingungen

  • Lola Zeller
  • Lesedauer: 3 Min.

Psychotherapeut*innen in Ausbildung (PiA) wollen an diesem Mittwoch erneut auf dem Charité-Campus demonstrieren und außerdem zum ersten Mal einen PiA-Soli-Tag veranstalten. Die Auszubildenden wehren sich dagegen, dass sie während ihrer Ausbildung 1800 Stunden in Kliniken arbeiten müssen, dafür als Praktikant*innen aber kaum oder gar nicht bezahlt werden.

Psychotherapeut*in zu werden, ist nach aktueller Gesetzeslage eine zeitintensive und kostspielige Angelegenheit. In der Regel benötigt man zunächst ein abgeschlossenes Psychologiestudium. Nach dem Masterabschluss kommt dann noch die Ausbildung zur Psychotherapeut*in obendrauf - die zwischen 25 000 und 70 000 Euro kostet.

Eine der Organisator*innen des Protests ist Dilara Michel. Sie absolviert gerade ihr Praxisjahr an einer Klinik in Berlin. »Es geht uns darum, deutschlandweit, beginnend mit Berlin, einen Tag einzuführen, an dem wir zeigen, dass es uns überhaupt gibt«, sagt Michel. »Wir stellen in den Psychiatrien einen ganz wesentlichen Teil der psychotherapeutischen Versorgung dar.« Um als Auszubildende Präsenz zu zeigen oder sich mit den Auszubildenden zu solidarisieren, könne man sich an diesem Tag, der von nun an jährlich am 14. November stattfinden soll, einen Sticker ankleben und ein Foto von sich über soziale Medien teilen, sagt Michel.

Bei der Demonstration am Nachmittag geht es um die Durchsetzung von konkreten Forderungen an die Charité, die den Auszubildenden nach eigenen Abgaben 150 Euro monatlich für ihr einjähriges Praktikum zahlt. »Ein Forderungsschreiben an die Charité haben wir schon im Juli abgeschickt«, sagt Michel. Daraufhin habe es auch ein erstes Gespräch mit der Charité-Leitung gegeben. Ein zweites Gespräch sei den PiA versprochen worden, aber bisher ausgeblieben. »Und deshalb demonstrieren wir weiter und wollen auf uns aufmerksam machen«, so die angehende Psychotherapeutin. »Wir wollen klarmachen, dass wir nicht aufgeben. Wir wollen, dass sich etwas verändert.«

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di unterstützt den Kampf der Auszubildenden. »Wir unterstützen die PiA vor allem mit regelmäßigem Austausch und Beratung«, sagt Kalle Kunkel, zuständiger ver.di-Sekretär. Während die Bundesregierung an einer Reform des Psychotherapeutengesetzes arbeitet, könne die Landesregierung zumindest in den landeseigenen Häusern, also Charité und Vivantes, tätig werden, meint Kunkel. »Aber insgesamt ist das durchaus eine bundespolitische Frage, die auch dort gelöst werden muss.«

Dem stimmt auch der Berliner Senat zu. Auf nd-Anfrage erklärt Christoph Lang, Pressesprecher der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, die PiA hätten während ihrer praktischen Tätigkeit nur einen Praktikant*innenstatus. »An diesem Status kann nur der Bundesgesetzgeber etwas ändern, und er sollte dies nach übereinstimmender Auffassung der Bundesländer auch tun«, so Lang. Durch eine Reform der Ausbildung soll ein Direktstudiengang Psychotherapie geschaffen werden, an den sich eine Weiterbildung in einer Klinik anschlösse, heißt es. Diese Weiterbildung müsse laut Lang die gesetzliche Anstellung bei den Kliniken mit angemessenem Gehalt und sozialrechtlicher Absicherung bedeuten.

Das Bundesministerium für Gesundheit erklärt gegenüber »nd«, man könne derzeit nicht auf Zeitpläne und konkrete Inhalte der Reform eingehen. Das Ministerium erarbeite jedoch momentan den Gesetzesentwurf für eine Direktausbildung Psychotherapie.

Über den Gesetzesentwurf sprechen auch die Psychotherapeut*innen in Ausbildung. »Wir wollen vor allem wissen, wie das überhaupt im Einzelnen ausgestaltet sein wird«, sagt Dilara Michel. Wie der Übergang zu einem neuen Ausbildungsweg aussehe, sei beispielsweise noch unklar. »Deshalb wollen wir uns am Donnerstag auch mit Politiker*innen treffen«, so Michel. Die PiA veranstalten eine Podiumsdiskussion mit Bundes- und Lokalpolitiker*innen, um mit ihnen sowohl über die anstehende Reform der Ausbildung als auch über Möglichkeiten zu sprechen, auf Landesebene die Situation zu verbessern.

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