Rechte planen Fackelzug in Fulda

Die Neonazi-Kleinpartei »Der III. Weg« sucht sich Osthessen aus, um alliierte Bombenangriffe zu instrumentalisieren

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 4 Min.

»Ein Licht für Dresden« lautet das Motto eines für den 16. Februar geplanten Fackelmarsches, zu dem die neonazistische Kleinstpartei Der III. Weg derzeit bundesweit mobilisiert. Der rechte Aufmarsch soll im osthessischen Fulda stattfinden. Bereits am 30. Dezember gaben die Neonazis einen Vorgeschmack auf das, was sich in einigen Wochen dort abspielen könnte: An diesem Abend marschierten etwa 20 Neonazis durch die Fuldaer Innenstadt. Sie skandierten die Parole »Hoch die nationale Solidarität« und trugen ein Transparent mit dem Motto »Besatzer raus, damals und heute«. Der Aufmarsch war der Abschluss eines mehrtägigen Fackelmarsches der Neonazis, mit dem in der rechten Szene für den »Gedenktag für die alliierten Bombenopfer« geworben wurde. So bezeichnet Der III. Weg den geplanten Aufmarsch. In einem auf rechten Homepages verbreiteten Aufruf wird Fulda neben Dresden als Opfer »des alliierten Bombenterrors« bezeichnet.

Schon seit Jahrzehnten instrumentalisieren unterschiedliche rechte Gruppen Menschen, die bei den alliierten Bombardements gegen das NS-Regime gestorben sind. Sie wollen damit von den Verbrechen des NS-Regimes ablenken und die Deutschen als Opfer darstellen. Besonders Dresden steht seit Anfang der 1990er Jahre im Zentrum dieses rechten Opfermythos. Auch in Städten wie Rostock, Hamburg oder Magdeburg haben rechte Gruppen in der Vergangenheit immer wieder zu Jahrestagen der alliierten Bombardements Kundgebungen und Demonstrationen abgehalten.

Fulda war in rechten Kreisen in diesem Zusammenhang bislang noch nicht genannt worden. Doch für die langjährige Beobachterin der rechten Szene in Osthessen, Karin M., ist es keine Überraschung, dass die Neonazis in diesem Jahr die Stadt zum Ziel ihrer Aktivitäten machten. Karin M., die wegen rechter Drohungen aus der Vergangenheit Angst vor einer Veröffentlichung ihres Namens hat, kann sich noch gut an Zeiten erinnern, als die neonazistische Wiking-Jugend jeden 31. Dezember in der osthessischen Rhön aufmarschierte. Bei der Nachfolgeorganisation der Hitler-Jugend und des Bundes Deutscher Mädel empfing man an Silvester 1989 auch ausländische Gäste, so der junge Heinz-Christian Strache. Der spätere FPÖ-Vorsitzende und heutige österreichische Innenminister räumte vor einigen Jahren seine Teilnahme ein, beteuerte aber, seit 1990 nichts mehr mit der Wiking-Jugend zu tun gehabt zu haben.

Nach dem Ende der DDR hörten deren Aufmärsche in der Rhön auf, 1994 wurde die Wiking-Jugend verboten. Doch die rechte Szene in Osthessen blieb aktiv. Mitte der 1980er Jahre hatte sich eine Wehrsportgruppe Fulda um den Neonazi Thomas Brehl gegründet. Er hatte sich ganz offen auf die frühere NSDAP bezogen. Wie heute Der III. Weg propagierten Brehl und seine Kumpane einen nationalen Sozialismus. Während die Neonazis um Brehl öffentlich kaum in Erscheinung getreten waren, gingen Bilder von Hunderten Neonazis vor dem Fuldaer Dom im August 1993 durch die Presse. Damals war der bundesweite Gedenkmarsch für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess kurzfristig nach Fulda verlegt worden, nachdem er im bayerischen Wunsiedel verboten worden war.

Damals begannen sich auch Menschen außerhalb der Region für die rechte Szene Osthessens zu interessieren. »Deutschlands Mitte - aber rechts daneben!«, hieß ein von der Sozialwissenschaftlerin Kathy Seewald und dem Publizisten Timo Schadt 1997 herausgegebenes Buch, in dem die damalige rechte Szene rund um Fulda beleuchtet wurde. Neben den Neonazis standen darin auch die stark rechtskonservativen und rechtskatholischen Kreise im Fokus.

Lange sahen diese Milieus in der Fuldaer CDU ihre Heimat. Schließlich war der CDU-Rechtsaußen Alfred Dregger langjähriger Oberbürgermeister von Fulda und später mit absoluter Mehrheit direkt gewählter Bundestagsabgeordneter. Sein Nachfolger wurde Martin Hohmann, der sich lange als Dreggers Ziehsohn gesehen hatte. 2003 sorgte er mit einer als antisemitisch bewerteten Rede für Aufsehen und wurde 2004 schließlich aus der CDU ausgeschlossen. Dass er in Fulda weiterhin viel Unterstützung erfährt, zeigte sich bei den letzten Wahlen, als Hohmann für die AfD antrat. Er sitzt seitdem wieder im Bundestag. Mit dem offen neonazistisch auftretenden III. Weg wollen diese rechten Kreise offiziell nichts zu tun haben.

Das dürfte die Gegenmobilisierung erleichtern. In den nächsten Tagen soll es erste Treffen geben, auf denen die Nazigegner*innen in Fulda beraten, wie sie gegen den Aufmarsch vorgehen wollen. Anders als bei der Spontandemo am 30. Dezember, von der alle überrascht wurden, dürften am 16. Februar Tausende gegen die Rechten in Fulda auf die Straße gehen.

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